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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0101
Pierre-Michael d'Ixnard und die Hechinger Stadtpfarrkirche

Forderung, drei Monate pro Jahr in Hechingen zu bleiben, konnte d'Ixnard nicht nachkommen
, und zwar wegen eines Prozesses in Colmar und wegen neuer Aufträge in Straßburg.
Obwohl d'Ixnard schließlich auf sein gesamtes Gehalt verzichten wollte, kündigte man ihm
doch den Vertrag und stellte am 1. Juli 1781 Ingenieurhauptmann Scheyer als leitenden
Architekten ein.

Wir wissen, daß Scheyer eigene Risse verfertigt hat. Sie sind zwar nicht erhalten, doch kann
man am Unterschied der Ausführung zum Plan von d'Ixnard ersehen, was er verändert hat.
D'Ixnards Längsschnitt (Abb. 10) zeigt unter und über den Fenstern eine Einteilung durch
Felder, die die Wandgliederung straffen, darüber ein hohes dreiteiliges Gebälk und direkt
anschließend den hellrot lavierten Schnitt durch die flache Decke. Scheyer hat zwar in der
Ausführung (Abb. 8) die Deckenhöhe beibehalten, aber die Wandgliederung durch Verkürzung
der Pilaster und Reduzierung des Gebälks niedriger gehalten, so daß er Platz fand für eine
große abgerundete Kehle, die nun zwischen Wand und Decke vermittelt und den Raum wie eine
flache Wölbung abschließt.

Damit hat Scheyer d'Ixnards Entwurf entscheidend verändert. Der Raum wirkt breiter, weil
die Wände niedriger sind, und die klare, stereometrische Kastenform, die von einzelnen Längsund
Querwänden umstanden - aber nicht umschlossen - und oben von einer flachen,
»aufgelegten« Decke begrenzt worden wäre, ist nun durch die überleitende Kehle zerstört.
Uber den querhausartigen Kapellen trennt die durchlaufende und unstatisch »schwebende«
Kehle die Kapellen vom Hauptraum, und auch der Chor wird durch einen triumphbogenartigen
Einzug abgesondert. Bei d'Ixnard hätte sich dagegen der kubische Hauptraum ohne
Einschnitte zu den Anräumen hin geöffnet, und die waagerechten Deckenabschnitte wären
lediglich durch ganz flache Unterzüge abgeteilt worden.

Die Scheyersche Deckenkehle entstammt noch einem barocken Empfinden, das die
Raumgrenze zu vereinheitlichen suchte und nun nicht mehr mit dem von d'Ixnard geplanten
offenen, richtungslosen und die Teile isolierenden Raum zusammenpaßte. Hier zeigt sich der
Widerspruch von unterschiedlichen historischen Denkformen - dem barocken und »feudalen«
Drang nach Vereinheitlichung unter einer beherrschenden, alles umfassenden Geschlossenheit,
und einem neuen, nüchternen, aufklärerischen und »bürgerlichen« Denken, das dem Natürlichen
und Individuellen seine Eigenständigkeit zu belassen suchte. Klarheit, Stille und Einfachheit
waren die neuen Ideale, die man in der Antike wiederzufinden glaubte. D'Ixnard war zwar
nicht so gebildet, als daß er direkte antike Anregungen verwertet hätte, aber die profane
Nüchternheit und Klarheit seiner Raumvorstellung zeugt von der neuen, auch von d'Ixnard als
antikisch (ä l'antique) bezeichneten Gestaltungsform.

Fertigstellung der Kirche (1782-83)

Eigenartigerweise wandte man sich bereits ein halbes Jahr, nachdem man d'Ixnard entlassen
hatte, nämlich schon Ende 1781, wieder an ihn, er möchte nun doch die Pläne für die
Ausstattung anfertigen. Vermittelt hat offenbar die Fürstin, die zum größten Teil die
Korrespondenz mit d'Ixnard in Straßburg führte.

Aufgrund dieser Briefe kann man die Auseinandersetzung um die Entsendung der Pläne von
d'Ixnard genau verfolgen. Am 27. Dezember 1781 bekam er den Brief von der Fürstin mit dem
Auftrag für die Ausstattungspläne, am 1. Januar sollten sie fertig sein, was natürlich unmöglich
war. Am 18. Januar und 10. Februar 1782 schickt d'Ixnard insgesamt 27 Pläne: Gesamt- und
Detailrisse für die Altäre und das Chorgestühl (Abb. 11, 12). Er bittet um die Bezahlung von
200 Gulden. Am 2. April hat er weder Empfangsbestätigung noch gar das Geld erhalten. Ende
April erhält er nur 100 Gulden, aber auch neue, eilige Aufträge. D'Ixnard weigert sich nun
weiterzuarbeiten, bevor er nicht bezahlt würde. Schließlich bekommt er am 4. Juli den Rest der
Bezahlung und schickt im August Risse für Kanzel und Taufe (Abb. 14). Für die weiteren Risse

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