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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0114
Gerd Friedrich Nüske

Veränderung der Situation in Südwestdeutschland gelegen war. Bereits einen Tag nach
Aushändigung der amerikanischen Stellungnahme führten die Franzosen ein vertrauliches
Gespräch in der gleichen Sache mit den Abteilungsleitern für West- und Zentraleuropa des State
Department. Das über diese Unterredung gefertigte Protokoll zeigte die Franzosen als wahre
Meister der diplomatischen Verhandlungskunst343. Geschickt wiesen sie u. a. darauf hin, daß
die amerikanische Weigerung, einer Veränderung der Besatzungsgrenzen in Südwestdeutschland
zuzustimmen, auch die Stellung des französischen Außenministers Jean Chauvel innerhalb
des Quai d'Orsay gefährden würde. Die Franzosen suchten Chauvel als einen besonderen
Freund der USA hinzustellen, der vor allem viel getan habe to effect a reconciliation of French
and American views. Wenn Washington Chauvel stürze, dann würde es play into the hands of
those who were insisting on an independent French policy in Germany. Das war ein geschickt
gewähltes Argument gewesen, wie sich an der schwachen Reaktion der Vertreter des State
Department zeigte.

Im übrigen hielten die Franzosen Washington vor, daß die Amerikaner, indem sie die
badische Hauptstadt Karlsruhe der französischen Besatzungszone in Deutschland vorenthielten
, nicht nur eine Organisation des Landes Baden unmöglich machten, sondern auch und vor
allem eine föderale Struktur Deutschlands verhinderten. Gerade auf dieser aber müsse
Frankreich bestehen, und zwar noch vor der Errichtung einer deutschen Zentralverwaltung.
Hier zeigte sich mit Deutlichkeit, daß die südwestdeutsche Problematik für Frankreich keine
nachrangige Angelegenheit war, sondern vielmehr ein zentraler Gegenstand seiner auswärtigen
Politik.

Schließlich übten die Franzosen Kritik an der Vermengung von politisch-historischen und
wirtschaftlichen Gesichtspunkten in der amerikanischen Antwortnote: The French proposal
was purely political in its intent and the note was not justified in its reference to ecconomic
considerations.

Die amerikanische Gegenrede in diesem Gespräch war nach Ausweis des genannten
Protokolls zwar gewunden, aber im Grunde doch eindeutig. Es gab zwischen den beiden
Mächten keine Verständigung, weder über die Deutschlandpolitik im allgemeinen, noch über
die südwestdeutsche Frage im besonderen.

Der französiche Diplomat muß dies auch so empfunden haben. Er beklagte sich nur noch
bitter über die Art, in der General Clay mit seinen französischen Kollegen umzugehen pflegte
(... spoke with considerahle vigor of the way in which General Clay in Berlin allegedly dealt with
bis French counterparts...). Wegen der beständigen Schwierigkeiten mit Clay habe Paris sogar
seinen Vertreter beim Alliierten Kontrollrat in Berlin, General Louis Marie Koeltz, durch
General Roger Jean Charles Noiret ersetzt. Noiret sei ein Mann mit vielfältiger diplomatischer
Erfahrung, doch Clay habe sich davon nicht beeindrucken lassen: ...but the change had
produced no moderation in General Clays bmsque tactis).

Dem erwähnten Gespräch der französischen diplomatischen Vertreter am 23. September
1946 waren intensive Sondierungen vorausgegangen. Am 9. September hatte Berard bereits
die französische Haltung dem Leiter der Abteilung für österreichische und deutsche Angelegenheiten
im State Department, Charles P. Kindleberger, zu erläutern versucht344. Berard
erneuerte dabei seine Klagen über die amerikanische Abneigung to consider French proposalsfor
reshaping the French zone to permit the establishment of proper Land governments. Berard ließ
überdies erkennen, daß die Angelegenheit einer Neuordnung des besetzten Deutschland
überhaupt wohl nur noch auf der Ebene des amerikanischen Außenministers persönlich mit

343 Memorandum of Conversation, by the Acting Chief of the Division of Central European Affairs,
David Harris (September 24, 1946), in: FRUS 1946 V S. 693f.

344 Memorandum of conversation, by the Chief of the Division of German and Austrian Economic
Affairs, Charles P. Kindleberger (September 9, 1946), in: FRUS 1946 V S. 603f.

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