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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0134
Gerd Friedrich Nüske

längst entschieden gewesen sei. Doch um Frankreich zu verteidigen, brauche man eben
Rückgrat: Pour defendre la France il faut des vertebres!

Aber welche Lösungen hätte Frankreich anbringen können? Jetzt begann de Gaulle noch
einmal, seine Konzeption beginnend mit dem Jahr 1945 darzulegen. Gerade diese Stelle war es,
die in Südwestdeutschland einen Strom der Entrüstung hervorrief. Vor allem, so der General,
sei es nicht notwendig, weil man eine Lösung nicht aufzwingen kann, einer schlechten Lösung
zuzustimmen und zuzusehen, wie sie verwirklicht werde: Ensuite nous avons des gages
dans les mains, et c'est moi qui les aipris, cela s'appelle la Sarre, la rive gauche du Rhin, le
Bade et un morceau du Wurtemb erg. Je les aipris, et je vous diraimeme que c'estpourcela
que j'aifait occuper Stuttgart en pleine bataille et que je n 'ai consenti ä le lächer que quandj'etais
sur que nous serions sur la rive gauche du Rhin, oü nous n'etionspas. Ces gages la France lesa
entre les mains. Iln'yaqu'ä s'en servir. Pourquoiaccepter que la zone frangaise se confondeavec
les autresf

Im Landtag von Bebenhausen verständigten sich CDU, SPD und DVP von Württemberg-
Hohenzollern auf einen Protest gegen de Gaulies Presseerklärung, den sie über die Staatliche
Nachrichtenstelle in Tübingen verbreiten ließen401. Der Anstoß zu einer solchen Erklärung war
vom Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Landtag, Gebhard Müller, ausgegangen. Berücksichtigt
man die Wirkung, die de Gaulies Freiburger Rede im Oktober 1945 auf Müller gemacht
hatte, so wird verständlich, daß gerade er sich von den nunmehrigen Ausführungen de Gaulles
besonders getroffen fühlen mußte. Dies allerdings, obwohl de Gaulle eigentlich 1948 nichts
anderes gesagt hatte als 1945, nur diesmal eben ungleich deutlicher, und außerdem hatte man in
Südwestdeutschland jetzt drei Jahre französische Besatzung hinter sich.

Die genannten drei südwürttembergischen Parteien beklagten, daß de Gaulles Erklärung
der Entwicklung eines zunehmenden und gegenseitigen Vertrauens zwischen Deutschland und
Frankreich nicht förderlich sei: Es kann weiterhin für alle Deutschen guten Willens nicht
ermutigend sein und muß ihren Glauben an die Ernsthaftigkeit und Wirksamkeit demokratischer
Ideale beeinträchtigen, wenn ein Mann von so großem Namen und Einfluß wie General de
Gaulle einzelne deutsche Länder nur als »Faustpfänder ansieht, die als Objekte für die
Erreichung bestimmter außenpolitischer Ziele eingesetzt werden müßten. Die Parteien wiesen
darauf hin, daß es nach ihrer Ansicht nicht nur zwecklos, sondern auch gefährlich ist, auf
überlebten Vorstellungen beharren zu wollen. Die unterzeichnenden Parteien betonten, daß die
gaullistische Deutschlandkonzeption vor allem die einer Art Deutschen Bundes, von keinem
deutschen Politiker geteilt werde. Es gebe, so betonten sie, nur eine Meinung darüber, daß die
Idee eines deutschen Staatenbundes zu diesen längst uberholten Anschauungen gehört, die keine
politische Realität mehr besitzen. Und: Zu diesen Vorstellungen ist auch jene Form eines
nationalen Egoismus zu rechnen, die sich fremder Gebietsteile als Pfänder bedienen will.

Auch die badische Staatsregierung wandte sich gegen de Gaulle durch eine Erklärung, die
Staatspräsident Wohleb am 23. November 1948 vor dem Freiburger Landtag abgab402. Wohleb
verband seine Kritik an de Gaulles Worten im besonderen in geschickter Weise mit Kritik an der
französischen Besatzungsherrschaft im allgemeinen. Auch Wohleb knüpfte an den Auftritt de
Gaulles in Freiburg 1945 an: Vor drei Jahren war der damalige Staatschef der französischen
Republik in Freiburg und hielt vor einem Gremium, in dem nahezu alle Vertreter des
öffentlichen Lebens versammelt waren, eine Ansprache. Wir alle, die wir uns an diese Ansprache
erinnern, erinnern uns auch daran, daß wir alle von ihr auf das sympathischte beeindruckt
waren. Die Worte, die Herr General de Gaulle an uns richtete, waren getragen von hoher

401 Erklärung der drei Parteien, dabei handschriftlicher Entwurf von Gebhard Müller, in: StA Sig
Wü 2/1/8.

402 Schreiben der Badischen Staatskanzlei vom 25. 11. 1948, in: StA Sig Wü 2/212/2. Verhandlungen des
Badischen Landtags, 3. Sitzung am 23. 11. 1948, S. 35.

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