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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0138
Gerd Friedrich Nüske

Widmer vorzubereiten. Allerdings sollte es sich wohl nur um einen Besuch bei Staatssekretär
Schneiter handeln, wie ihn zwar schon Leo Wohleb und Peter Altmaier als Regierungschefs von
Baden und Rheinland-Pfalz abgestattet hatten. Zudem war Bocks Reise offenbar nur durch die
Initiative Carlo Schmids zustande gekommen, der zuvor bereits in Paris gewesen war406. Die
Ausarbeitung einer Denkschrift auch des Landes Württemberg-Hohenzollern wurde von Bock
noch in Angriff genommen, konnte offenbar aber nicht mehr verwirklicht werden.

Nach dem überraschenden Tod von Lorenz Bock unterrichtete Gouverneur Widmer dessen
Amtsnachfolger Gebhard Müller dann erst im Februar 1949 davon, daß die noch zu Lebzeiten
Bocks geplante Parisreise des Staatspräsidenten nun durchgeführt werden sollte407. In dem
verhältnismäßig langen, inzwischen verstrichenen Zeitraum lag die schwere Krise zwischen der
französischen Militärregierung in Tübingen und dem südwürttembergischen Landtag in
Bebenhausen408. Außerdem war am 19. und 20. Mai Gebhard Müller unter nahezu abenteuerlichen
Umständen nach Paris zu einem vertraulichen Gespräch mit dem französischen Außenminister
Robert Schuman in Gegenwart von Botschafter Andre Francois-Poncet verbracht
worden, über das alle Beteiligten aber strenges Stillschweigen wahrten409.

Ganz anders fielen nun die Vorbereitungen für den genannten Staatsbesuch der Regierung
Müller in Paris aus. Müller ließ sich von allen Ressorts ausführliche vorbereitende Äußerungen
zukommen. Diese unterschieden sich nicht nur im Umfang, sondern vor allem in der
Deutlichkeit der gebrauchten Sprache von den seinerzeit für Staatspräsident Bock gefertigten
Stellungnahmen. Zudem hatte Müller sich schon während des gesamten restlichen Jahres 1948
auf allen Fachgebieten sachkundig machen lassen, bis der Parisbesuch schließlich, wie erwähnt,
im Mai 1949 stattfand. Einige Punkte aus den langen Beschwerdelisten seien hier herausgegriffen
, insofern sie besonders bezeichnend für Württemberg-Hohenzollern als ein Land der
französischen Besatzungszone waren410. Das Tübinger Landwirtschaftsministerium beklagte
vor allem die äußerst beschränkte Zuständigkeit der deutschen Verwaltung in diesem Bereich.
Auf keinem Gebiet der öffentlichen Verwaltung sei die Zuständigkeit der deutschen Verwaltung
auch noch heute so stark eingeschränkt wie auf dem Gebiet der Landwirtschaft und
Ernährung. Nicht nur habe sich die Militärregierung in Baden-Baden die Gesetzgebung auf
diesem Gebiet in einem Umfang vorbehalten, der praktisch jede gesetzgeberische Arbeit der
deutschen Verwaltung ausschließe, vielmehr sei auch in der reinen Verwaltung dem Landwirtschaftsministerium
jede selbständige Betätigung untersagt. Auf gegenteilige Versprechungen
der Tübinger Militärregierung, wonach die französische Seite sich künftig nur mit einer
stichprobenweisen Kontrolle begnügen wolle, seien nicht eingehalten worden. Im übrigen
würden die deutschen Stellen von der Bevölkerung für Maßnahmen verantwortlich gemacht, an
deren Einleitung sie gar nicht beteiligt gewesen seien. Deshalb ging der dringende Wunsch der
deutschen Agrarverwaltung dahin, daß sich die französische Militärregierung künftig auf die
bloße Überwachung der deutschen Stellen beschränke. Zumal auch infolge der durch die
Währungsreform besonders notwendig gewordenen Sparsamkeit der Verwaltung unabweisbar
geworden sei, daß die bisherige Doppelverwaltung nicht mehr aufrechterhalten werden könne
und daß insbesondere die deutsche Verwaltung künftighin nicht mehr laufend durch Aufträge

406 Niederschrift über die 46. Sitzung des Staatsministeriums am 30. 4. 1948, Ziffer 13 b: Bericht über die
Pariser Reise von Staatsrat Schmid: ...über die Unterredungen, welche er anläßlich seines Pariser
Aufenthalts mit verschiedenen politischen Persönlichkeiten gehabt habe. Er teilt mit, daß bei seinem Besuch
bei Unterstaatssekretär Schneiter dieser die Absicht geäußert habe, in den nächsten Wochen Herrn
Staatspräsident Bock nach Paris einzuladen.

407 Aktenvermerk vom 16. 2. 1949, in: StA Sig Wü 2/153/1.

408 Vgl. Gerd Friedrich Nüske, in: Das Land Württemberg-Hohenzollern 1945-1952. Darstellungen
und Erinnerungen. Sigmaringen 1982, S. 96 f.

409 Ebd. S. 398 f.

410 Vgl. zum Folgenden die entsprechenden Vorgänge in: StA Sig Wü 2/44.

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