Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0163
Württemberg-Hohenzollern als Land der französischen Besatzungszone

reich offenbar nicht verborgen geblieben, in welchem Maße die Einbeziehung der deutschen
Eisenbahnen in den deutschen Truppenaufmarsch 1870 gegen Frankreich zum deutschen
militärischen Erfolg beigetragen hatte458. Dazu hatte die deutsche Geschichtsschreibung - und
nicht nur die Militärgeschichtsschreibung - nach der Reichsgründung und vor allem in der
wilhelminischen Ära viel zu oft auf die Rolle der Eisenbahnen als strategisches Mittel
hingewiesen. Hier fanden sich häufig Formulierungen wie etwa die, daß von einem bestimmten
Augenblick an die Schienenwege lediglich ein Kriegsmittel seien'*59 oder die Ausnutzung der
Eisenhahnen seitens der deutschen Heeresleitung im Krieg 1870/71 gehört zu den hervorragendsten
Leistungen, welche für die gewaltigen Erfolge auf dem Gebiete der Kriegsführung unter
König Wilhelm I. die Grundlage bildete*60. Auch die deutliche deutsche Kritik an der 1870
fehlenden vorausschauenden französischen Berücksichtigung der eigenen Eisenbahnen wird
man französischerseits durchaus zur Kenntnis genommen haben46'. Die genannte deutsche
Kritik gipfelte im übrigen in der Feststellung, daß Frankreichs Eisenbahnen für die deutsche
Kriegführung in Frankreich erst hätten hergerichtet werden müssen462. Die zuvor schon
genannte Konstruktion, nämlich die für das französisch besetzte Baden und Württemberg
zuständige Bahndirektion im amerikanisch besetzten Karlsruhe zu belassen, bot den Amerikanern
im übrigen die offenbar willkommene Möglichkeit, damit auch Kenntnisse über den
Umfang und die Art des französischen und französisch kontrollierten Bahnverkehrs zu
erhalten. Wohl auch deshalb übernahmen die Amerikaner großzügig die für Unterbringung des
französischen Eisenbahnpersonals bei deutschen Vermietern entstehenden Kosten, erhielten sie
doch damit einen Überblick über Anzahl, Namen und Aufgabe der sich in Karlsruhe
aufhaltenden Franzosen. Hierüber mußte auch der »Officier de Liaison Francais aupres du
Gouvernement Militaire Americain« in Karlsruhe monatlich genaue Listen vorlegen463.

Ähnliche Beobachtungen wie bei dem Verhalten der französischen Besatzungsmacht den
deutschen Eisenbahnen gegenüber lassen sich auch im Bezug auf die Behandlung der Post in der

458 Vgl. grundsätzlich: Der deutsch-französische Krieg 1870/71, redigiert von der kriegsgeschichtlichen
Abteilung des Großen Generalstabs. 1-4. Berlin 1874-1880. Ferner aus neuerer Sicht: Walter Görlitz,
Der deutsche Generalstab. Geschichte und Gestalt 1657-1945. Frankfurt am Main [1950] S. 100: Die
systematische Ausnutzung der Eisenbahnen bei Mobilmachung und Aufmarsch führte dazu, daß auf
Moltkes Betreiben eine Eisenbahn-Abteilung geschwaffen wurde... Moltke vertrat die Uberzeugung, daß
ein rascher Eisenbahnaufmarsch Voraussetzung für das Gelingen jeder Operation in einem kommenden
Krieg sei. Ders.: Kleine Geschichte des deutschen Generalstabs. Berlin 1958 S. 89: Moltkes Aufmarschplan
gründete sich auf die Rückständigkeit des französischen Eisenbahnsystems und die Uberalterung der
französischen Armee, deren Kern aus langdienenden Soldaten bestand. Eberhard Kaulbach, Der Feldzug
1870 bis zum Fall von Sedan. Zur deutschen Führung in heutiger Sicht, in: Entscheidung 1870. Der deutschfranzösische
Krieg, hg. vom Militärgeschichtl. Forschungsamt. Stuttgart 1970. S. 44—104.

459 Gustav Lehmann, Die Mobilmachung von 1870/71. Berlin 1905 S. 57.

460 Der Eisenbahn-Aufmarsch zum deutsch-französischen Kriege 1870/71, bearbeitet in der Eisenbahn-
Abteilung des Großen Generalstabes. Berlin 1897 (Geheim) S. VI.

461 Das kriegsgeschichtliche Werk des Großen Generalstabs (wie Anm. 458) 1 S. 29 bemerkte: Ein
Irrtum aber war es, wenn angenommen wurde, man könne auf den Eisenbahnen die Konzentration der
Armee mit Ordnung und Präzision bewirken, ohne sehr gründliche und umfassende Vorbereitung. Zum
französischen Aufmarsch vgl. Fernand Thiebaut Schneider, Der Krieg in französischer Sicht, in:
Entscheidung 1870 (wie Anm. 458) S. 165-203.

462 Hermann Budde, Die französischen Eisenbahnen im deutschen Kriegsbetriebe 1870/71. Berlin 1904.
S.59f.

463 Vgl. etwa den Bericht vom 11. 2. 1949inRG260OMGWB 12/153-2/16: Submitted herewith is list of
French Railway Control personel attached and residing in Karlsruhe for of February 1949.

161


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0163