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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0168
Gerd Friedrich Nüske

politischen Richtungen zuzuschreiben, daß auch in Bad Godesberg seitens der deutschen
Abgesandten der englischen Zone immer wieder die Sozialisierungs- und Dekartellesierungs-
problematik ins Spiel gebracht wurde480.

Wahrscheinlich konnte es Vereinheitlichungen im Rechtswesen zwischen den Besatzungszonen
ohnehin nur in dem Maße geben, wie verschiedene Zonen zusammengelegt wurden bzw.
die eine Besatzungsmacht die andere zur Aufgabe ihrer eigenen besatzungspolitischen Ziele
veranlaßte. Am deutlichsten kam dies vielleicht auf der Tagung der deutschen Justizverwaltung
in Bad Godesberg vom 16. bis 17. Juli 1946 zum Ausdruck481. An ihr hatten ebenfalls aus
Stuttgart Justizminister Beyerle und aus Tübingen Ministerialdirektor Dr. Gebhard Müller
teilgenommen. Bei dieser Gelegenheit war es der deutschen Seite, ein vordringliches Anliegen
gewesen, eine Art Quellenarchiv, einen Reichsanzeiger des Rechts zu schaffen, der einen
erschöpfenden und zuverlässigen Überblick über das in den einzelnen Zonen geltende und neu
geschaffene Recht gibtm.

Dazu kam es aber nicht, vielmehr mußte auf deutscher Seite weiterhin mit einem Wirrwarr
von Rechtsvorschriften verschiedensten Ursprungs regiert und verwaltet werden. Die Tätigkeit
der deutschen Justiz wurde lange bis in Einzelheiten hinein von der Besatzungsmacht
kontrolliert. Ein anschauliches Bild davon bieten die Aktenvermerke Gebhard Müllers über
seine Gespräche mit dem in Tübingen für die Kontrolle der deutschen Justiz zuständigen
Capitain Jean Eben.

Gegen das Widerstreben der französischen Besatzungsmacht gelang es den deutschen
Justizverwaltungen der Länder der französischen Besatzungszone dennoch gemeinsame Besprechungen
über Fragen der Gesetzgebung, des Verhältnisses zur Besatzungsmacht u. a. m.
zustandezubringen. Bei diesen Zusammenkünften wurde das Land Baden vornehmlich von den
Juristen Kaulbach und Müller vertreten, Rheinland-Pfalz von Rotberg und schließlich Würt-
temberg-Hohenzollern durch Gebhard Müller. Letzterem fiel bald eine Führungsrolle in den
Besprechungen zu. Im einzelnen fanden solche Zusammenkünfte in Neustadt an der Hardt, in
Bühl in Baden und in Tübingen statt. Über die Beratungsgegenstände geben die Akten des
Justizministeriums von Württemberg-Hohenzollern Auskunft483.

Die Zusammenkünfte wurden von der französischen Besatzungsmacht, wie gesagt, nicht
gern gesehen, ja zeitweise (1946/47) sogar untersagt. Die französische Justizdirektion in Baden-
Baden verhandelte nun mit den einzelnen deutschen Ländern nur noch unmittelbar. Je stärker
aber der amerikanische Druck auf Frankreich über den Anschluß auch der französischen Zone
an die angloamerikanische Bizone wurde, um so größer wurde andererseits der Handlungsspielraum
der deutschen Länder. Mit dem Erstarken der deutschen Länder fiel 1948 auch das
Veto der Besatzungsmacht über die genannten Besprechungen weg.

Während nach dem übereinstimmenden Zeugnis der Beteiligten der Justizkonferenzen der
französischen Zone diese harmonisch verliefen und sich als ertragreich für alle beteiligten
deutschen Länder der französischen Zone erwiesen, so war auf der Justizebene das Verhältnis

480 Zum neuesten Stand der Forschung über die Britische Besatzungszone vgl. Claus Schart und Hans-
Jürgen Schröder: Die Deutschlandpolitik Großbritanniens und die britische Zone 1945-1949 (Veröffentlichungen
des Instituts für europäische Geschichte Mainz - Abteilung Universalgeschichte Beiheft 9)
Wiesbaden 1979.

481 Vgl. den Bericht »Tagung der deutschen Justizverwaltung in Bad Godesberg« unter der Rubrik
»Nachrichten aus dem Rechtsleben« S. 59-61. Nach freundlicher Mitteilung von Präsident a. D. Professor
Dr. Gebhard Müller wurden ihm beim Zonenübergang am Kontrollpunkt Dettenhausen mitgeführte
Unterlagen betreffend die Godesberger Tagung abgenommen, später aber - numeriert - wieder zurückgegeben
.

482 Ebd. S. 59.

483 Vgl. zum folgenden auch den Abschlußbericht Widenmann (wie Anm. 476) 1. Fassung

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