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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0172
Gerd Friedrich Nüske

sich aber vieles gewinnen, was allgemeine Verbindlichkeit besitzt494. Von französischer Seite ist
zu diesem Thema nichts erschienen. Hier gibt es allein Arbeiten militärgeschichtlicher Art, die
zudem die bis zur Bedeutungslosigkeit herabgesunkene deutsche Wehrmacht als immer noch zu
fürchtenden Gegner erscheinen lassen. Davon konnte gewiß keine Rede sein, was allerdings die
Unsinnigkeit der noch vorgekommenen Zerstörungen nur um so deutlicher werden läßt495.

Von den erwähnten örtlichen Quellen sollen hier einige Aktenstücke zum Beispiel Stuttgart
herausgegriffen werden496. Eine französische Zeitung berichtete im Juni 1945 unter der
Überschrift Impressions d'Allemagne occupee über die Verhältnisse in der besetzten Hauptstadt
Württembergs: A Stuttgart, la vie, peu ä peu, reprend parmi les ruines. Le gouvemement
militaire frangais en Allemagne edicte les meswres necessaires ä cet effort. Die Deutschen hätten
jetzt, so der Bericht, verstanden que la guerre n'estpas toujours la victoire et qu'arrive un jour
l'instant oü tont se päie \ In der Tat mochte mancher den Eindruck gehabt haben, als ob jetzt
ein Zahltag gekommen sei. Uber Stuttgart war - vor allem in den ersten Tagen der französischen
Besatzung - ein Welle ungehemmter Gewalttaten hinweggegangen. Neben Todesfällen,
Körperverletzungen, ausgedehnten Plünderungen und mutwilligen Sachbeschädigungen waren
es vor allem die - allein in Stuttgart - nach vielen Hunderten zählenden Vergewaltigungen, die
das deutsche Bild von der französischen Besatzungsmacht mit einem unveränderbaren Grundzug
versehen, ähnlich wie das der Roten Armee. Dabei waren die französischen Täter
keineswegs nur in den Reihen der zahlreichen nordafrikanischen Kontingente der französischen
Armee zu suchen. Verantwortliche Franzosen boten den Ausschreitungen keinen Einhalt. Die
wenigen in Stuttgart anwesenden amerikanischen Verbindungsoffiziere und -Soldaten mußten
ohnmächtig zusehen498.

Zweiten Weltkrieges, in: Schwäbische Zeitung, Ausgabe Wangen im Allgäu - Argenrundschau vom 29. 4.,
9. 5., 16. 5., 24. 5., 28. 5., 27. 6., 4. 7., 11. 7., 18. 7., 25. 7., 2. 8., 8. 8. und 15. 8. Ferner die Beiträge: Alles
ereignete sich wegen einer Panzersperre. Geiselharz ging am 29. April 1945 in Flammen auf, in: ebd. vom
17. 5. 1945 und: Kriegsende und Besatzungszeit in Neuravensburg. Chronist Josef Nuber berichtet über
die Geschehnisse in seiner Heimatgemeinde, in: ebd. vom 30. 8. und 3. 9.1945. Ferner: Heute vor 20 Jahren
besetzten Franzosen die Stadt. Erinnerungen an die letzten Kriegstage - Für die Bevölkerung begann eine
schlimme Zeit, in: Schwäbische Zeitung. Ausgabe für Stadt und Kreis Biberach vom 23. 4. 1965.

494 Vgl. etwa die in ZHG 18 (1982) S. 184 Anm. 7 genannte Literatur.

495 Vgl. zusammenfassend Günter Cordes, Die militärische Besetzung von Baden-Württemberg, in:
Historischer Atlas von Baden-Württemberg, Karte VII, 10 mit Beiwon. Stuttgart 1980. Darüber hinaus
gibt es eine Reihe französischer Regimentsgeschichten u. ä., die alle Südwestdeutschland behandeln, die
aber wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen.

496 Ein Beispiel für eine aufgearbeitete Materialsammlung bietet Pforzheim, vgl.: Verwaltungsbericht
und Statistik der Stadt Pforzheim 1945-1952. Das Stadtgeschehen 1939-1945. Hg. von der Stadtverwaltung
. Zusammengestellt und bearbeitet vom Statistischen Amt auf Grund der Berichte der Dienststellen
und Mitarbeiter. [1953] S. 24f.: Die Bevölkerung, vor allem aber die zuerst besetzten Stadtteile, hatten
unter den Ubergriffen der französischen Truppen - insbesondere der Marokkaner, die Tunesier verhielten
sich durchweg anständig - aufs schwerste zu leiden. Plünderungen, Diebstähle, Beschlagnahmungen,
Tresor- und Kassenschranksprengungen, Vergewaltigungen, Verhaftungen und Mißhandlungen bei Vernehmungen
und im Gefängnis waren in der ersten Zeit tägliche Vorkommnisse. Außerdem verloren zehn
Einwohner der Stadt Pforzheim - acht Männer, eine Frau und ein 15jähriges Mädchen - beim Einmarsch
und während der ersten Besatzungszeit durch alliierte Truppen ihr Leben. Nach den Strafanzeigen des Amts
für öffentliche Ordnung und Sicherheit Pforzheim lag ausnahmslos Mord als Straßare Handlung vor.. Alle
Fälle von Vergewaltigungen wurden im Krankenhaus St. Trudpert behandelt und anfänglich auch
vermerkt, doch nahm ihre Zahl einen solchen Umfang an - darunter Mädchen im Kindesalter und Frauen in
den 70er Jahren -, daß eine Registrierung schließlich nicht mehr möglich war.

497 »PATRIE. Journal des Combattans Frangais«, Mercredi, le 27. juin 1945. S. 4: Impressions
d'Allemagne occupee par notre envoyee speciale Marcelle Kraemer-Bach.

498 Vgl. die in ZHG 18 (1982) S. 195 Anm. 41 genannte Quelle.

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