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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0176
Gerd Friedrich Nüske

Schon deren materielle Überlegenheit schien es für die Amerikaner überflüssig zu machen, im
Angesicht der besiegten Deutschen irgendwelche Demonstrationen vorzunehmen. Hingegen
liegen aus der gesamten französischen Zone Zeugnisse dafür vor, wie oft dort farbenprächtige
Militärparaden abgehalten wurden. Häufig kam dabei auch das überseeische Frankreich zur
Darstellung.

In der schon zitierten französischen Zeitung wurde - neben dem Bericht über das besetzte
Stuttgart - noch von der visite du sultan du Maroc ä la V" Armee frangaise en Allemagne
gehandelt. Schließlich wurde gemeldet Le General LeClerc fait ses adieux ä sa division .
LeClerc habe das Vaterland dufond de l'obscure Afrique, et en depit de tous et de tout conduite
de victoire du Tchad ä Berchtesgaden geführt505,

Vom Tschad nach Berchtesgaden, von Dünkirchen über Rhein und Donau nach Württemberg
, Saar, Baden, ins Allgäu und nach Tonkin506, das alles konnte keine zusammengewürfelte
Armee einer jahrelang besetzten und innerlich tiefgespaltenen Nation leisten - und dabei
gleichzeitig noch als Kulturbringer bei sittenlosen Wilden auftreten507. Was übrig blieb, war oft
genug nur ein unwirklicher Aufzug mit Operettenhaften Zügen508. So haben es ganz offensichtlich
auch die meisten deutschen Zeitgenossen empfunden aber auch die amerikanischen
Verbündeten.

Für viele Deutsche, aber auch für die Amerikaner war auch das Bild bedeutsam, das der erste
Befehlshaber der französischen Besatzungsmacht bot. Chef der »Ie armee frangaise Rhin et
Danube« war der General und postume Marschall von Frankreich, Jean de Lattre de Tassigny
gewesen509. Dieser hatte sein Hauptquartier in Lindau am Bodensee aufgeschlagen, von wo aus
er bald als ungekrönter König von Lindau legendären Ruf gewann, obwohl seine dortige
Herrschaft nur elf Wochen dauerte. De Lattre war freilich ein getreuer Parteigänger de Gaulles
und insofern ist das Klischee zu korrigieren, das auf amerikanischer sowie auch auf deutscher

504 PATRIE (wie Anm. 497) S. 1.

505 Ebd. S. 2

506 So etwa die Schrift über das Schicksal des 110. französischen Infanterieregiments »Adieux au 110tme
R.I.« erschienen in Lindau 1947: Dunkerque, Rhin-Danube, Wurtemberg, Sarre-Bade, Allgäu, Tonkin.

507 Vgl. zum Beispiel die Schrift Premiere Armee Frangaise. Gouvernement Militaire. Detachement
»Jasmin» (vermutlich vom Mai 1945): Wir vertreten ein Volk, das vier Jahre lang von eurer Regierung, von
eurer Wehrmacht und eurer Polizei gefoltert, geplagt und ausgeraubt worden ist. Ihr habt uns gegenüber
Mittel angewandt, die zur mittelalterlichen Barbarei gehören... Ihrer frevelhaften Verbrechen halber
können wir die Deutschen, die solches geduldet oder gar angestiftet haben nur als sitten- und kulturlose
Wilde ansehen.

508 Besonders die Besuche französischer Militärs in südwestdeutschen Städten nahmen wunderliche
Formen an. Am 21.10. 1945 ordnete der Bürgermeister der Stadt Wangen im Allgäu Schmückung der Stadt
an: Die Bevölkerung soll sich auf den Gehwegen aufstellen; die Fahrbahn ist freizuhalten. Auf die
Grußpflicht weise ich besonders hin. Anlaß des Spektakels war: Die Stadt hat die Ehre, wieder hohen
militärischen Besuch zu empfangen. Morgen, Montag, den 22. des Monats, nachmittags 3 Uhr, werden zwei
französische Generäle die Stadt besuchen. Nach dem Besuch der Generäle bedankte sich der örtliche
Kommandant des lleme Regiment de Chassuers d'Afrique mit einem huldvollen Schreiben beim Wangener
Bürgermeister.

509 Eine hinlängliche Biographie Lattres fehlt, über ihn und die zentralen französischen Besatzungsinstanzen
grundlegend F(rank) Roy Willis: The French in Germany 1945-1949 (Stanford studies in
history, economics and political science 23) Stanford California 1962 S. 67ff. Ergänzende Daten bei
Angelika Ruge-Schatz: Umerziehung und Schulpolitik in der französischen Besatzungszone 1945-1949
(Sozialwissenschaftliche Studien 1) Frankfurt-Bern-Las Vegas 1977 S. 39f. und Klaus-Dietmar Henke:
Aspekte französischer Besatzungspolitik. In: Miscellanea. Festschrift für Helmut Krausnick zum 75.
Geburtstag. Stuttgart 1980. S. 169 ff. Geglückte Wiedergabe des atmosphärischen Eindrucks der Regime in
Lindau und Baden-Baden in Jochen Thies und Kurt von Daak: Südwestdeutschland Stunde Null. Die
Geschichte der französischen Besatzungszone 1945-1948. Ein Bild/Text-Band. Düsseldorf 1979. S. 29-38.

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