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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0178
Gerd Friedrich Nüske

Deutschland514. Damit war das Gegeneinander zwischen Armee und der neuerrichteten zivilen
Militärregierung unter Kcenig nicht aufgehoben, es bestand vielmehr noch während Wochen
fort. In Anordnung Nr. 2 vom 22. August 1945 wurde ausdrücklich bestimmt, daß auf
französische Truppen nur im Notfall zurückgegriffen werden dürfe, daß vielmehr für die
Gebiete der französischen Zone allein die jeweilige »delegation superieure« unter einem
»delegue superieur« verantwortlich sei515. Die vier Delegationen (Saar516, Rheinland, Pfalz,
Baden und Württemberg) ressortierten zu einer zentralen »Administration generale« mit vier
Generaldirektoraten und einem Direktorat in Baden-Baden. Deren gemeinsamer Chef war als
Administrateur General Emile Laffon, der seinerseits unmittelbar Kcenig unterstand. Laffon
war als Nichtmilitär bald zur innerfranzösischen Resistance gestoßen. Als Verwaltungsbeamter
liberaler Prägung und nicht zuletzt wegen seines vergleichsweise jugendlichen Alters war er
wohl der markanteste Gegenpunkt zur Gestalt des Generals Kcenig. Noch am 4. September
1945 war es offenbar notwendig, durch ein weiteres Dekret der Armee die Bearbeitung aller
Wirtschaftsangelegenheiten zu entziehen. Alles in allem hatte Kcenig in etwa die Stellung eines
Staatspräsidenten, Laffon war sein Regierungschef und die Generaldirektoren standen Ministerien
vor.

Emile Laffon konnte sich gegen Kcenig in Baden-Baden auf Dauer nicht behaupten. Beide
verfügten über eigene Stäbe, deren jeweilige Kompetenzen offenbar nicht klar festlagen517.
Vermutlich kam es über die Frage, wer wem worüber Weisungen erteilen dürfe, zum
Zerwürfnis, denn Laffon wollte unmittelbar Paris unterstellt sein. Am 15. November 1947
wurde Laffon von Kcenig abgelöst, nachdem zuvor andere bereits gegangen waren. Koenig
übernahm am 12. Dezember auch noch die Gechäfte des Administrateur Generale. Von den
schwierigen Verhältnissen in der Baden-Badener Zentrale profitierten am meisten die französischen
Provinzdelegierten, die daraus einen gewissen Freiraum in dem ansonsten zentralisti-
schen System gewannen.

Zu den auf deutscher aber auch auf amerikanischer Seite immer wieder vorgebrachten
Feststellungen gehörte die über die unverhältnismäßig große Zahl der in Deutschland sich
aufhaltenden Besatzungsangehörigen. Exakte Zahlen freilich besaß niemand. Die Truppen der
französischen Armee in Deutschland zählten zum Zeitpunkt der Kapitulation über eine Million
Mann. Sie wurden bis Janaur 1946 auf etwa 200 000, bis Mai 1947 auf 75 000 und schließlich bis
Mai 1948 auf 53000 reduziert518. Der Umfang der französischen Militärregierungen in
Deutschland erregte Aufsehen - auch in der internationalen Presse. Im Dezember 1946
berichtete die Londoner Times, daß die französischen Militärregierungen etwa 11000 Mitglieder
zählten, was eine Dichte von 18 französischen Beamten auf 10000 Deutsche ergebe,
während in der britischen Zone 10 Militärregierungsmitglieder auf 10000 Deutsche und in der
US-Zone nur 3 Militärregierungsmitglieder auf 10000 Deutsche kämen519! Nicht nur Umfang
und Art des französischen Engagements in Deutschland, sondern vor allem auch seine
inhaltliche Zielsetzung war dann auch der Gegenstand heftiger französischer Kritik. Andererseits
entwickelte die französische Administration in Deutschland ein allmählich von Frankreich
abgesondertes Eigenleben, was ermöglichte, daß Baden-Baden noch lange und hartnäckig

514 Henke (wie Anm. 509) S. 181-182, wichtige Darstellung der französischen Organisationsstruktur
bei Richard Gilmore: France's postwar cultural policies and activities in germany: 1945-1946. These
presentee ä l'universitee de geneve pour l'obtention du grade du docteur es sciences politiques. These
N° 220. Washington D.C. 1973. S. 40ff. und annex JL

515 Willis (wie Anm. 509) S. 80-82.

516 Das Saargebiet war erst seit 1. 4. 1948 wirtschaftlich und zollpolitisch mit Frankreich vereint.

517 Zu Laffon vgl. Willis (wie Anm. 509) S. 79, Ruge-Schatz (wie Anm. 509) S. 40-41 und S. 159
Anm. 179.

518 Willis (wie Anm. 509) S. 88 nach amtlichen französichen Quellen.

519 Ebd. S. 88.

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