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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0186
Gerd Friedrich Nüske

wenig harmonisch, gerade weil die unnatürliche Situation der Teilung der beiden alten Länder
Baden und Württemberg immer wieder Konflikte heraufbeschwor. Die Anläße waren oft
vergleichsweise unbedeutend und ihre aktenmäßige Darstellung entbehrt nicht einer beachtlichen
Komik. Daraus machte im übrigen auch der erwähnte Chef der Stuttgarter Allied Liaison
Division, Arthur C. Robertson, gar keinen Hehl, wenn er nicht gerade einen weiterzugebenden
Bericht verfassen mußte, sondern wenn er sich in gleichsam gewöhnlicher Korrespondenz
äußern durfte539. Unbestritten war auf amerikanischer Seite die stets zuvorkommende Behandlung
und vor allem großzügige Versorgung von US-Personal in Tübingen, Freiburg und Baden-
Baden540.

Hinter diesem so gegensätzlichen Verhalten verbarg sich, daß viele Mitarbeiter der
Stuttgarter US-Militärregierung über den Umstand, sich die Besatzungskontrolle Südwestdeutschlands
mit einem anderen teilen zu müssen, unzufrieden waren, was seinen Ausdruck in
größeren und kleineren Schikanen gegenüber den französischen Kollegen fand. Oberst
Dawson, der erste Chef der Stuttgarter US-Militärregierung, hatte wohl für seine Person einem
pragmatischen Ausgleich mit den südwürttembergischen Franzosen zugeneigt, ja er hätte
offenbar sogar in einen Tausch von Nordbaden gegen Südwürttemberg eingewilligt. Ohnehin
ist ihm von amerikanischer und französischer Seite ein besonderes Geschick beim Umgang mit
dem Verbündeten zugesprochen541. Für seine Mitarbeiter und vor allem für seine Nachfolger
galt dies nicht. Die Folge war letztlich, daß württembergische Länder, da sie nun einmal
bestanden, einstweilen auch bestehen blieben.

So wie die amerikanische Militärregierung Deutsche vorlud, um von ihnen Informationen
über die südwürttembergischen Verhältnisse zu erhalten, so wandten sich auch Deutsche aus
eigenem Antrieb an amerikanische Stellen in Stuttgart, um Beschwerden über die französische
Besatzungsmacht vorzubringen. Dies war nicht ungefährlich, angesichts des undurchsichtigen
Verhältnisses zwischen den beiden Verbündeten. Besonderen Mut bewies dabei der erste
Landrat von Biberach an der Riß nach 1945, Fritz Erler. Er ließ der US-Militärregierung in
Stuttgart im Juli 1945 einen wirklichkeitsgetreuen Bericht über die Verbrechen - einschließlich
Mord - von im Landkreis Biberach sich aufhaltenden russischen und polnischen sogenannten
Fremdarbeitern zukommen. Erler berichtete auch unumwunden, daß die französische Besatzungsmacht
die Täter nicht verfolgte. Von den Amerikanern wurde der Bericht allerdings nur
zu den Akten gelegt542.

Seit den allerersten Besatzungstagen war der Verkehr über die südwestdeutsche Zonengrenze
hinweg ein administratives und politisches Problem, während in der Praxis der Grenzverkehr
verhältnismäßig wenig Behinderungen erfuhr. Probleme bestanden für die Militäregierungsof-
fiziere sowohl was die Freizügigkeit der Deutschen als auch - und beinahe noch stärker - was
das alliierte Personal anbelangte. Dabei war es einmal die amerikanische Militärregierung in

539 So in seinem Schreiben vom 23. Mai 1947 über Hospitality to visiting allied personal in: RG 260
OMGWB 17/145-3/1. Robertson schrieb über die amerikanisch-französischen Zwischenfälle in over a
period of the past year the undersigned has been alerted as to innumerable incidents of like nature.

540 Ebd.: The extreme courtesy with which our officers are received in Tübingen ist too well know to
require citation here.

541 Vgl. etwa RG 260 OMGWB 2/23-1/12 (wie Anm. 5}6): A delicate Situation with the Frenchhad been
inherited by colonel W. W. Dawson, Director of military government for Wuerttemberg-Baden, upon his
arrival in Stuttgart in April 1945. Combining quiet personal charm with a flair for working out mutual
Problems on the ground, colonel Dawson was met than half - way by general Schwanz, French govemor of
Stuttgart, and later of French Baden, and by govemor Widmer of South Württemberg.

542 RG 260 OMGWB 12/27-2/22: The French Military Police force was always notified of such cases, but
to the best ofmy knowledge, up to now the accused were neverpunished. Vgl. ferner Hartmut Soell, Fritz
Erler. Eine politische Biographie (Internationale Bibliothek 100 und 101) Berlin-Bonn 1976, hier 1 S. 64 f.

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