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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0192
Gerd Friedrich Nüske

X. ZUSAMMENFASSUNG

Eine Zusammenfassung einiger Grundlinien französischer Besatzungspolitik in Deutschland
aufgrund der bisherigen historischen Forschung und anhand der im Vorstehenden aus der
Geschichte vor allem Württemberg-Hohenzollerns gebotenen Beispiele kann gewiß nicht
endgültig sein. Wenn die Akten der ehemaligen französischen Militärregierungen in Deutschland
zugänglich sein werden, dann ist mit manchen Einzeluntersuchungen zu rechnen, die dem
Bild von der französischen Besatzungsmacht in vielem schärfere Konturen geben werden. Aber
auch ohne wesentliche Kenntnisse aus den französischen Akten läßt sich heute schon aus der auf
deutscher Seite entstandenen Überlieferung und auch aus amerikanischen Quellen viel gewinnen
.

Die Ereignisse im Gefolge der militärischen Besetzung weiter Teile Südwestdeutschlands
durch französische Truppen, die folgende harte Besatzungspolitik Frankreichs, verbunden mit
einem vielfach anachronistischen Auftreten der französischen Armee, ließ die Bevölkerung in
Baden, Württemberg und Hohenzollern ganz überwiegend zu der Ansicht gelangen, daß
innerhalb der Westzonen die Deutschen der französischen Besatzungszone das härteste
Schicksal getroffen habe. Wenn General Clay im Zusammenhang mit dem Projekt eines
Tausches von Nordbaden gegen Südwürttemberg wiederholt argumentiert, niemand in Nordbaden
wünsche unter französische Besatzung zu geraten, so war das sicher noch eine
zurückhaltende Formulierung der deutschen diesbezüglichen Ansicht. Allein schon das
Gerücht, daß gegebenenfalls wieder eine französische Besatzung nach einer Preisgabe durch die
Amerikaner einziehen würde, schien bei der deutschen Bevölkerung eine panikartige Stimmung
aufkommen zu lassen. Deshalb sah sich - um nur ein Beispiel herauszugreifen - die US-
Militärregierung in Pforzheim veranlaßt, solchen umlaufenden Behauptungen entschieden
entgegenzutreten557a.

Als einen merkwürdigen Kontrast zur sonstigen französischen Besatzungspolitik haben
schon die Zeitgenossen das französische kulturelle Engagement empfunden558. Nach dem
Studium der auf deutscher Seite in den Ländern der französischen Zone nach 1945 erwachsenen
Akten kommt der Betrachter aber zu dem Ergebnis: Das ambitiöse kulturpolitische Bemühen
der französischen Militärregierung fand auf deutscher Seite keine wirkliche Resonanz. Auf
diesem Gebiet ist die bisherige historische Forschung etwas in die Irre gelaufen, als sie sich von
den im einzelnen gewiß beachtenswerten französischen Anstrengungen zu stark einnehmen
ließ559. Den Deutschen in der französischen Besatzungszone war nicht verborgen geblieben,
daß die französischen kulturpolitischen Aktivitäten wenig mit dem sonstigen französischen
Verhalten in Einklang zu bringen waren. Angesichts dessen und vor allem wegen der gar nicht
zu übersehenden materiellen Armut der französischen Besatzungsmacht, die ja weitgehend von
den Besetzten lebte, erschien den Deutschen das französische kulturelle Engagement eher als
bloße Oberflächlichkeit. Die französischen Politiker konnten sich nie zu einem Leitbild für die
Deutschen aufbauen, wie dies die US-Zone in vielfältiger Hinsicht wurde.

557a Amtliches Mitteilungsblatt Pforzheim vom 5.1.1946 Nr. 1: Verbreitung böswilliger Gerüchte. Es ist
der Militärregierung bekanntgeworden, daß hier Gerüchte aufgelebt sind, wonach die hiesige Stadt wieder
durch die Franzosen besetzt würde. Die Militärregierung wünscht, die Bevölkerung davon zu unterrichten,
daß diese Gerüchte grundlos sind. Personen, die solche Gerüchte weiter verbreiten mit der böswilligen
Absicht, die Stimmung der Bevölkerung der Stadt zu untergraben, haben die Bestrafung durch das Gericht
der Militärregierung gewärtig zu sein. Auf Anordnung der Militärregierung.

558 Vgl. etwa Kurt Martin, Erinnerungen an die französische Kulturpolitik in Freiburg i. Br. nach dem
Krieg. Sigmaringen 1974.

559 Vgl. etwa Gilmore (wie Anm. 514) passim, aber auch Willis (wie Anm. 509) S. 244ff.

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