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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0195
Württemberg-Hohenzollern als Land der französischen Besatzungszone

wurde. Daraus erklärte sich, wie gezeigt, die zögerliche Haltung Frankreichs bei Staatsgründung
und Verfassunggebung in Südwürttemberg und Hohenzollern. Daraus ergab sich endlich
eine ungeschriebene Rangfolge der Länder der französischen Zone, bei der Württemberg-
Hohenzollern am Ende rangierte.

Die französische Militärregierung für Deutschland in Baden-Baden und vor allem ihr Chef,
General Kcenig, verfolgten unnachgiebig eine Politik der konsequenten Föderalisierung
Deutschlands, selbst dann noch, als die Pariser Regierung diese nicht mehr unterstützen konnte
und wohl auch nicht mehr wollte. Nur in wenigen Bereichen kam es in der französischen Zone
zu zentralen deutschen Einrichtungen, wie etwa bei Bahn und Post. Aber durch solche
Zentralen durfte die Stellung der französischen Besatzungsmacht natürlich nicht geschwächt
werden! Das Reichseisenbahnvermögen sollte deshalb an die Länder übergehen. Und wenn es
zur Einrichtung solcher Zentralämter in der französischen Zone überhaupt kam, dann
bestanden vergleichbare Einrichtungen in der angloamerikanischen Bizone schon längst. Wenn
also Baden-Baden den deutschen Länderregierungen auftrug, zentrale Körperschaften zu
schaffen, so geschah dies zu spät, unter dem Druck der Verhältnisse in der Bizone und der dort
schon viel weiter fortgeschrittenen Entwicklung. Die deutschen Regierungschefs konnten es
sich deshalb schon 1948 leisten, wie gezeigt565, eine eigene Länderkonferenz mit einem
ständigen Sekretariat einfach abzulehnen. Daß Baden-Baden dann doch noch auf seinem
Projekt beharrte, oder auch nur so tat, als ob es darauf weiterhin beharrte, das machte in den
Augen der deutschen Länderregierungen nur noch einen komischen Eindruck.

Die erwähnte Minderstellung Württemberg-Hohenzollerns in der Reihe der Länder der
französischen Besatzungszone wirkte sich bei der Wirtschaftspolitik der Tübinger Militärregierung
nicht aus. Hier verfuhren die französischen Offiziere offensichtlich ebenso rigoros wie
ihre Kollegen in Baden und in Rheinland-Pfalz. Die Art, mit der sich die Tübinger Staatsregierung
gegenüber der Militärregierung äußerte, war ohne Zweifel bestimmter als die der anderen
deutschen Länderregierungen in der französischen Besatzungszone. Dies hing einerseits in
erheblichem Maß mit der Person des Staatspräsidenten Gebhard Müller zusammen und zum
anderen mit dem im Laufe der Zeit immer größer werdenden Handlungsspielraum der
deutschen Regierungschefs. Dieser erweiterte Spielraum war durch die USA und ihre Militärregierung
in Deutschland unter Führung von General Clay durch vielfältigen Druck auf
Frankreich mit geschaffen worden. Immer wieder findet sich in den Vorgängen der Tübinger
Staatsregierung der schließlich bei jeder Gelegenheit angestellte Vergleich mit dem stets
fortgeschritteneren Zustand in der Bizone.

Gewiß hat dann auch Paris allmählich eingelenkt. Doch war damit noch nicht gesagt, ob und
in welchem Maßstab die Militärregierung in Baden-Baden sich dem Pariser Kurswechsel
anpassen würde. Dem amerikanischen Verbündeten und vor allem General Clay war die
Diskrepanz zwischen Paris und Baden-Baden natürlich nicht verborgen geblieben. Aber auch
die deutschen Länderregierungen und vor allem die in Tübingen hatten das französische
Auseinandertreiben bemerkt. Folgerichtig stellte sich vor allem Gebhard Müller hinter Robert
Schuman, dem er im übrigen auch aus weltanschaulichen Gründen stark verbunden war,
jedenfalls stärker als mit den Gaullisten mit und ohne Uniform. So gelang es ihm, Kcenig und
dessen politischen Berater, den späteren französischen Hochkommissar Andre Frangois-
Poncet, zu neutralisieren, was sich vor allem in der Auseinandersetzung um den Südweststaat
als sehr erfolgreich erweisen sollte.

Im Verhältnis zwischen der amerikanischen und französischen Besatzungsmacht gab es, wie
an Beispielen dargelegt, erhebliche Spannungen, die sich gerade in der besonderen Situation der
geteilten südwestdeutschen Länder offenbarten. Dies konnte nicht verwundern, war Frankreich
für die USA doch nur ein in Deutschland mit Widerstreben hingenommener Partner.

565 Vgl. oben S. 144 ff.

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