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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0200
Willi K. Birn

ches beigetragen. Gewiß war dieses Parlament nicht die demokratische Repräsentation eines
Staates. Aber es war doch mehr als etwa eine württembergische Amtsversammlung oder ein
Kreistag. Das ergibt sich schon aus den Aufgaben des Kommunallandtags. Bei Gesetzesvorlagen
, über die die Parlamente zu entscheiden hatten, und die die Hohenzollerischen Lande
ausschließlich betrafen, war er berufen, sein Gutachten abzugeben. Er nahm Aufgaben wahr,
die sonst Sache des Landes sind, z. B. auf dem Gebiet des Straßenbaues, des Wohlfahrts- und
Versicherungswesens, der Denkmalpflege. Für ganz Hohenzollern bestand die Hohenzolleri-
sche Landesbank. Das alles ist bis 1972 so geblieben.

Wer diese Entwicklung nicht gekannt und sich um ihr Verständnis nicht bemüht hat, konnte
die Hohenzollern nicht verstehen, als sie sich gleich nach 1945 gegen eine schlichte Einverleibung
in das neu entstandene Land Württemberg-Hohenzollern gewehrt haben. Sie hofften auf
Wiedergutmachung des in der Hitlerzeit erlittenen Unrechts und wollten ihre alten Rechte der
Selbstverwaltung gewahrt wissen. Sie sorgten dafür, daß 1946 die damalige Regierung in
Tübingen dem Vorsitzenden des Hohenzollerischen Kommunallandtags die Amtsbezeichnung
»Landeshauptmann« verlieh. In Osterreich ist das die Bezeichnung für den Regierungschef
eines Bundeslandes.

Bei den Beratungen der Verfassung von Württemberg-Hohenzollern war der Sigmaringer
Landtagsabgeordnete Franz Gog Berichterstatter. Er und die andern hohenzollerischen
Abgeordneten wollten erreichen, daß das südliche Württemberg und Hohenzollern wie zwei
Staaten mit je besonderem Staatsvolk in einer Realunion verbunden würden. Das war
staatsrechtlich hochgestochen (Beispiel Österreich-Ungarn), aber die Hohenzollern wollten
nicht einfach in dem kleinen Land Württemberg-Hohenzollern untergehen. Die »Hohenzol-
lernfrage« war das viele bewegende Stichwort gewesen für die Erhaltung der Besonderheit
dieses traditionsbewußten Gebildes. Die Verfassung von 1947 ist diesen Wünschen in Art. 2
Abs. 2 nur insoweit nachgekommen, als sie bestimmte: Die Hohenzollerischen Kreise genießen
in dem Umfang Selbstverwaltung, in dem sie ihnen am 1. Januar 1933 gegeben war. Ein Gesetz
bestimmt das Nähere. Erst nach drei Jahren kam das Gesetz. Aber es machte in seiner
Überschrift deutlich, daß es sich um die Selbstverwaltung der »Hohenzollerischen Lande«
handelte. Damit war die Anknüpfung an die hohenzollerische Geschichte deutlich gemacht.
Die Selbstverwaltung hat sich kräftig entfaltet.

Daran änderte der Zusammenschluß zum Lande Baden-Württemberg im Jahr 1952 nichts.
Der Besonderheit der hohenzollerischen Selbstverwaltung mackte jedoch das Kreisreformgesetz
von 1971 ein jähes Ende. Am 31. Dezember 1972 hörten die Selbstverwaltung der
Hohenzollerischen Lande und der Landkreis Hechingen auf zu bestehen.

Der Name Hohenzollern als amtliche Bezeichnung verschwand fast ganz. Wenigstens im
großen Landeswappen bleibt die Erinnerung durch das weiß-schwarz gravierte Schild von
Hohenzollern erhalten. Der damalige Landrat von Sigmaringen, Dr. Gögler, hat dafür gesorgt,
daß immerhin die Firma »Hohenzollerische Landesbank« als Bezeichnung für die Kreissparkasse
Sigmaringen erhalten blieb.

Es lohnt sich, an die Stationen nach 1945 nochmals zu erinnern. Zunächst sehen wir
hoffnungsvolle Bemühungen in den Auseinandersetzungen um die Verfassung. 1950 kam das
Selbstverwaltungsgesetz, bei der Neugliederung nach 1952 blieb wenigstens der Name
Hohenzollern in der Benennung des Regierungsbezirks erhalten, 1972 verschwindet alles mit
der Kreisreform. War das Gesetz über die Selbstverwaltung von 1950 nur ergangen, um die
Hohenzollern günstig für den Südweststaat zu stimmen? Ein so unredliches Verhalten darf man
den damals Maßgebenden nicht ansinnen. Wer konnte voraussehen, daß 20 Jahre später eine
solche Welle der Reformfreudigkeit über das Land kommen werde, wie wir sie erlebt haben?
Hätte aber der Gesetzgeber der Reformen zu Beginn der 70er Jahre nicht besser beachten
müssen, was 1947 in einer vom Volk beschlossenen Verfassung versprochen und in der Folge in
einem grundlegenden Gesetz geregelt worden war? Gewiß, das Verhalten des Gesetzgebers im
Jahre 1971 war nicht verfassungswidrig, aber es hat bei den Betroffenen viel Vertrauen zerstört.

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