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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0201
Die Hohenzollerischen Lande in Baden-Württemberg

III.

Damit ist die Frage der Verwaltungsreform, insbesondere die der Kreisreform berührt. Man
hört auch heute noch immer wieder kritische Stimmen, die diese Reform für verfehlt halten,
insbesondere deshalb, weil die Vergrößerung der Landkreise in den Jahren 1936 bzw. 1938 doch
leistungsfähige Gebilde geschaffen habe. Ich halte die nachträglich vorgetragene Kritik für
unangebracht. Wenn eine so tiefgreifende Reform, - das gilt auch für die Gemeinde- und die
Funktionalreform - abgeschlossen ist, dann müssen alle Kräfte zusammengefaßt werden, um
auf Grund der neuen Ordnung etwas Gutes und Dauerhaftes zu schaffen. Das Gescheitsein
hintendrein hilft gar nichts. Ich halte mich für legitimiert, heute diesen Standpunkt mit
Nachdruck zu vertreten, weil ich mich damals mit Entschiedenheit gegen die Vergrößerungspläne
gewehrt habe. Ich habe als Mitglied der Kommission für die Reform der staatlichen
Verwaltung zusammen mit dem früheren Landrat von Konstanz, Dr. Seiterich, eine Erklärung
abgegeben, die in der veröffentlichten Dokumentation über die Verwaltungsreform in Baden-
Württemberg (S. 128f.) nachgelesen werden kann. Wir haben damals erklärt:

Die Landkreise in Baden-Württemberg haben bis auf den heutigen Tag ihre Aufgaben
anerkanntermaßen gut erfüllt. Sie haben sich neuen Anforderungen jeweils situationsgerecht
und elastisch angepaßt. Es sind keine künftigen Aufgaben zu erkennen, denen sie nicht ebenso
gerecht werden könnten. Zu einer grundsätzlichen Vergrößerung der Einwohnerzahl oder des
Gebiets der Landkreise besteht kein zwingender Anlaß.

Nach dem Hinweis auf die Notwendigkeit einiger Änderungen, die sich aus der Korrektur
der alten Landesgrenzen ergeben, - das inzwischen ergangene Gesetz über die Exklavenbereinigung
konnte nicht genügen - fuhren wir fort:

Wir halten die Aufhebung von nicht weniger als 27 Landkreisen für eine in diesem Ausmaß
verfehlte, für die Bevölkerung erheblich nachteilige Maßnahme.

Diese Erklärung haben wir am 17. Juli 1970 abgegeben, nachdem die Landesregierung im
Dezember 1969 ihr Denkmodell mit völlig entgegengesetzten Vorstellungen veröffentlicht
hatte. Ich weise auf diese Daten hin, um zu zeigen, daß - entgegen manchen andersartigen
Vorstellungen - die freie Meinungsäußerung eines Beamten bei uns nicht eingeschränkt ist. Als
die tief eingreifende Kreisreform Ende 1972 zum Abschluß kam, gingen die Wogen hoch. Ich
erinnere an die Feier zum Abschied vom Landkreis Hechingen im Dezember 1972 auf der Burg
Hohenzollern. Ich sagte damals, daß wir weder zu einer Protestkundgebung noch zu einer
Trauerversammlung zusammengekommen seien, daß wir aber in der Erinnerung an lange Jahre
guter Zusammenarbeit uns mit Wehmut trennen. Ich meinte, das Wort Trauer sollten wir
eingreifenderen Ereignissen vorbehalten. Ich dachte an die unheilvolle Trennung unseres
Vaterlandes, empörend verschärft durch den Mauerbau. Dem wurde schon aus der Versammlung
heraus heftig widersprochen. Kurz vorher war von begabter Feder ein Gedicht veröffentlicht
worden, das mit dem Aufruf endete: Leg Trauer an, mein Zollerland!

Das war vor 10 Jahren. Wie anders klingen die Worte, die mein Nachfolger im Amt des
Regierungspräsidenten, Dr. Gögler, vor kurzem aus 10-jähriger Rückschau in Erinnerung an
die Geburt des neuen Landkreises Sigmaringen schrieb. Ich räume ein, den Sigmaringern ist es
gut ergangen, den Hechingern schlecht. Aber: Gebietsreformen gehen ihren Weg, sie sind rasch
vergessen, soweit es sich um die äußere Ordnung handelt. Bald zeigt sich die Eingewöhnung in
die neuen Verhältnisse. Um das zu erweisen, will ich nur an die Geschichte der Neugliederung
der Bundesrepublik Deutschland erinnern. Die Neuordnung ist nicht mehr zu erreichen, weil
die Gewöhnung an die neuen Verhältnisse sich rasch festgesetzt hat.

Das ist verständlich, wenn man bedenkt, wie wenig man in Bezug auf Staats- und
Verwaltungsorganisationen von absoluter Richtigkeit sprechen kann. Ein Blick auf unsere
europäischen Nachbarn, soweit sie Industrienationen mit freiheitlicher Verfassung sind wie
wir, macht das deutlich. Deshalb möchte ich heute, wesentlich vorsichtiger als vor 10 Jahren,
nochmals anregen zu prüfen, ob - trotz aller verständlichen Gefühlsaufwallung - es richtig

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