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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0207
Besprechungen

Friedrich Barbarossas, Philipps von Schwaben sowie Friedrichs II. -, sondern daß ihr Autor zahlreiche
Angehörige des niederen Adels in Schwaben nennt, über gute Kenntnisse der päpstlichen Kurie verfügt und
das damalige Kirchenrecht häufig in seine Darstellung einbezieht. Daher ist es zu begrüßen, daß Burchard
und sein Werk endlich einmal monographisch gewürdigt worden sind. - Etwa gleichzeitig ist eine
amerikanische Dissertation erschienen, die kurz genannt sei: Carol Leigh Neel: The Historical Work of
Burchard of Ursberg. Phil. Diss. Cornell University, Ithaca N.Y. 1981.

Die hier anzuzeigende, von Heinrich Löwe betreute Tübinger Dissertation gliedert sich in vier
Hauptteile: Leben und Werk Burchards (S. 4-76), die Chronik als Spiegel seiner Persönlichkeit
(S. 77-150), seine Stellung zu politischen Problemen seiner Zeit (S. 151-216), die Wirkungsgeschichte
seiner Chronik seit der Mitte des 15. Jahrhunderts (S. 217-259).

Die Ausführungen des Vf. überzeugen nicht überall. Am schwächsten ist der erste Teil. Abgesehen von
Kleinigkeiten - so wird z.B. der Augsburger Benediktiner Placidus Braun als »prämonstratensischer
Ordensgeschichtsschreiber« bezeichnet (S. 8) - ist vor allem die Familienzugehörigkeit Burchards unsicherer
, als es der Vf. darstellt (S. 11 ff): Daß Burchard aus dem Gebiet der späteren Reichsstadt Biberach
stammte, dürfte anzunehmen sein; doch die Ausführungen des Vf. über Burchards Familie bleiben
Spekulation. Sein relativ geringes Wissen von den realen kirchlichen Zuständen verrät der Vf., wenn er
Burchard mit 25 Jahren 1202 zum Priester geweiht werden und ihn davor ohne Begründung Theologie
studieren läßt (S. 82) oder wenn er ihn zum »Schiedsrichter« hochstilisiert, obwohl dieser lediglich neben
anderen Exekutor päpstlicher Mandate war (S. 24, 91). Ebenso ärgerlich ist es, daß der Vf. - wie vor ihm
schon Simson in der Einleitung zur Edition - die Verpfändung einer Kirchenvogtei gleichsetzt mit der
Verpfändung der Kirche selbst (S. 22, 25) und daß er im Gefolge von Mitteis bei der Herrschaftsnachfolge
»Geblütsrecht« postuliert, wenn Burchard selbst von »hereditas« schreibt (S. 152f., 165). Außerdem ist zu
bedauern, daß er bei der Untersuchung der Vorlagen der Chronik die zahlreichen Papst- und Kaiserkataloge
nicht berücksichtigt (etwa S. 72) und daß er bei der Darstellung des Thronstreits von 1198 bis 1208 allzu
stark aus der Optik Burchards urteilt (bes. S. 197-207).

Dennoch überwiegen die Vorzüge der Arbeit. Hervorzuheben sind des Vf. Herausarbeitung des
Unterschiedes zwischen Frutolf/Ekkehard und Burchard hinsichtlich der Konzeption ihrer Weltchroniken
sowie die Betonung von Burchards historiographischen Zielen (Geschichte der Kaiser, daher Bevorzugung
der politischen Geschichte), ebenso auch die Berücksichtigung des Werkes von Landulfus Sagax als Vorlage
und die Ausführungen zur »Historia Welforum«. Weitgehend ebenso gelungen sind die Passagen über das
Verhältnis Burchards zu den Orden oder religiösen Bewegungen, über seine Darstellung der Kreuzzüge,
über seine differenzierte Beurteilung der Muslime oder die Charakterisierung Burchards als Schwabe.
Positiv zu werten ist schließlich auch, wie der Vf. die Herausstellung der Herrschertugenden durch
Burchard bei den Staufern im Gegensatz zu ihren päpstlichen Kontrahenten nachweist, wenngleich die
Ausführungen über die Reichskrone und das Relief von Bitonto (S. 178f.) nicht dem komplexen
Forschungsstand entsprechen. Am besten aber dürfte das Kapitel über die Wirkungsgeschichte gelungen
sein, in dem der Vf. die Rezeption der Chronik seit dem ausgehenden Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert
einprägsam und ausgezeichnet herausgearbeitet hat.

Augsburg Bernhard Schimmelpfennig

Volker Pfeifer: Die Geschichtsschreibung der Reichsstadt Ulm von der Reformation bis zum Untergang des
Alten Reiches. Ulm 1981 (Kommissionsverlag W. Kohlhammer, Stuttgart). 254 S. (Forschungen zur
Geschichte der Stadt Ulm 17).

Diese Freiburger Dissertation von 1975 bearbeitet ein bisher von der Forschung relativ vernachlässigtes
Thema. Sie versucht anhand der Chronistik des 16. bis 18. Jahrhunderts »Art und Bedeutung des Umgangs
mit der eigenen Vergangenheit« in der Stadt Ulm zu analysieren (S. 10). Behandelt werden von den
zahlreichen überlieferten Chroniken im wesentlichen die Geschichtswerke von Sebastian Fischer (entstanden
1548-1554), Veit Marchthaler (1641-1672), Josef Furttenbach (1635-1667), David Stölzlin (1555),
Ludwig Bartholomäus Herttenstein (1729/30) und Georg Veesenmeyer (mehrere Werke zur Geschichte
Ulms, die in den Jahren 1786-1831 geschrieben wurden). Obwohl die Untersuchung unter relativ
konventionellen Fragestellungen durchgeführt ist, gelangt sie zu interessanten und differenzierten Ergebnissen
, von denen die wichtigsten kurz vorgestellt seien. Der Verfasser zeigt auf, wie sich in sämtlichen der
behandelten Chroniken der soziale und politische Standort der Autoren niederschlägt. Einige Beispiele:
Während die Art des Umgangs mit der Geschichte des Schuhmachers Sebastian Fischer u. a. geprägt ist von

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