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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1983/0227
Besprechungen

»vielfach die Funktion eines bequemen Alibis« hätten, während der »Ausverkauf der Heimat« und der
Abriß alter Stadtviertel und Baugruppen fortgesetzt werde (S. 37).

Der zweite Beitrag in dem Band über »Museumsbauten und Museumsarchitektur« hält mehr als sein
Titel verspricht. Bernhard Zumthor zeigt darin am Beispiel der baulichen Entwicklung, welche gesellschaftliche
Rolle die Museen in den letzten zwei Jahrhunderten spielten. Er geht dabei von drei Bestimmungsfaktoren
aus: Das Museum sei »als eigentlicher Vektor kultureller Selbstdarstellung ständig zwischen seiner aus
der Aufklärung stammenden universellen Berufung, dem Mythos der nationalen Einstimmigkeit und der
kantonalen Zerstückelung hin- und hergerissen« worden (S. 38). Die ersten großen Museen seien »der
Ausdruck staatlicher Würde und des optimistischen Stolzes der industriellen Revolution« gewesen. Mit
dem Fortgang der kapitalistischen Entwicklung sei im »protzigen Bastardstil« der Museumsgebäude dann
der Geist »des industriellen und finanziellen Aufschwungs« zum Ausdruck gekommen (S. 39). Zu diesem
Aufschwung hätten die Gewerbemuseen selbst beigetragen, indem sie »allmählich und fast unmerklich
Auge und Gehirn« des betrachtenden Arbeiters und Konstrukteurs erzogen und »die Nachahmung der
Meisterwerke« ermöglicht hätten, wie es ein zeitgenössischer Beobachter formuliert hatte (S. 51).

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, im Zeichen der Rehabilitierung der Gotik, sei dann der
zweite Bestimmungsfaktor entscheidend gewesen: Der Wunsch, den nationalen Einfluß zu dokumentieren,
der vor allem in den historischen Museen aus dieser Zeit (Genf, Bern) zum Ausdruck gekommen sei. Gegen
die aus städtischem Geist gespeisten ersten beiden Einflüsse hätte sich dann ein ländlich orientierter
»Kantonsgeist« zur Wehr gesetzt, der in einem »Abgleiten in den >Hirtenmythos< gipfelte« (S. 40). Offen
läßt Zumthor, inwieweit es sich dabei nicht um bizarre Schutzreaktionen gegen die industrielle Durchdringung
und zunehmende staatliche Reglementierung des Landes gehandelt hatte.

Nach der Beschreibung einzelner Museen, die den Argumentationsfluß merklich unterbricht, geht
Zumthor dann auf neuere Entwicklungen im Museumswesen ein. Im 20. Jahrhundert hätten sich die
Museen verstärkt darum bemüht, Milieus anstelle von isolierten Objekten zu zeigen. Sie belassen deshalb
oft die Ausstellungsstücke an ihrem ursprünglichen Platz (in-situ). Nachdem »die ganze rationalistische
Trockenheit und technologische Arroganz der Nachkriegszeit« (S. 58) überwunden gewesen sei, bemühten
sich seit den siebziger Jahren viele Museumsleute darum, die Museen zu »Foren« zu machen, die »auf eine
dynamische Anteilnahme des Publikums abgestellt« seien (S. 58).

Nach diesen beiden trotz einiger Längen lesenswerten Aufsätzen folgt dann die Vorstellung von
insgesamt 96 Museen, die mit üppigem Bildmaterial präsentiert werden. Der Text kommt dabei oft zu kurz:
Figur X aus Y, Geschenk des Grafen Z an die Königin A. Dies steht ganz im Gegensatz zu der Forderung,
»Museumsgut nicht mehr nur durch Präsentation (und) knappe Objektbezeichnung« vorzustellen (S. 316),
die Florens Deuchler in einem auch für deutsche Museumspraktiker interessanten Aufsatz über »Die
Aufgaben des Museums« im selben Band erhebt.

Die einzelnen Museumsgattungen werden durch informative und anregende Einleitungen eingeführt.
So warnt beispielsweise der Vortext zu den historischen Museen davor, »die vermeintlich banalen
Alltagsobjekte zu vernachlässigen« (S. 103) und wirft den schweizerischen Museen vor, das Industriezeitalter
bisher »verpaßt« zu haben (S. 105).

Das Fehlen einer Landkarte, in dem die besprochenen Museen verzeichnet sind, mindert den
Gebrauchswert des Buches erheblich. Informativ ist hingegen eine kurz kommentierte Bibliographie am
Ende des Buches.

Darmstadt Alfred Georg Frei

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