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HERBERT RÄDLE

Lernen aus der Geschichte?

Der Humanist Simon Grynaeus aus Veringendorf über den Nutzen historischer Lektüre

1. Der Lehensweg des Simon Grynaeus

In der Fürstlichen Hofbibliothek Sigmaringen befindet sich ein Druck aus der Offizin des
bekannten französischen Buchdruckers Sebastian Gryphius (Lyon 1573), der übrigens in
Reutlingen geboren ist. Er enthält den lateinischen Text des Historikers Pompejus Trogus, der
unter dem Namen eines Kompilators des 3. Jahrhunderts n.Chr., eines gewissen Justinus,
überliefert wird. Als Herausgeber zeichnet Simon Grynaeus verantwortlich, der den Justinus
erstmals 1539 in Basel edierte, wo er damals als Professor wirkte1.

Es soll im folgenden nicht näher auf Pompejus Trogus eingegangen werden, auch nicht auf
die Qualitäten der Edition. Uns interessiert lediglich ein Vorwort an den Leser, in dem Simon
Grynaeus in typisch humanistischer Weise auf den Bildungswert von Lektüre, speziell
historischer Lektüre, eingeht. Zunächst aber müssen wir einiges Wissenswerte über Person und
Werk unseres bedeutenden Landsmanns vorausschicken. Denn Grynaeus verdient es ohne
Zweifel, der weitgehenden Vergessenheit, der er in seiner Heimat anheimgefallen ist, entrissen
zu werden. Handelt es sich bei ihm doch um eine der interessantesten Persönlichkeiten, die aus
unserer engeren Heimat hervorgegangen sind, einen Mann, der in bemerkenswerter Weise in
den Zeitströmungen des 16. Jahrhunderts aufging, ja sie aktiv mitgestaltet hat. Abgesehen von
seiner Tätigkeit als Gelehrter und Humanist, die in unserem Zusammenhang in erster Linie
interessiert, verdient er auch als Reformator einige Beachtung. Grynaeus war tätig in
verschiedenen Missionen und stand in Verbindung mit vielen bedeutenden Männern seiner
Zeit. Der König der Humanisten Erasmus von Rotterdam schickte an den jungen Gelehrten
Grynaeus schon 1525 (?) einen ehrenden Brief, in dem er seine variae ingenii dotes wie auch
seine modestia lobend hervorhebt2. Mit Melanchthon drückte er zusammen die Schulbank, mit
Joachim Camerarius und Martin Bucer verband ihn später herzliche Freundschaft. In Briefwechsel
stand er mit Guillaume Bude (Budaeus), dem Bahnbrecher der griechischen Studien in
Frankreich und Begründer des College de France unter Franz I., mit dem spanischen
Pädagogen und Psychologen Juan Luis Vives, den er 1531 in Brügge aufsuchte, mit dem Rektor
und Organisator des Straßburger Gymnasiums Johannes Sturm und mit vielen anderen
Humanisten. Eng arbeitete er zusammen mit den Schweizer Reformatoren Zwingli, Oekolam-
pad, Bullinger und Calvin. Zusammen mit Bullinger und anderen verfaßte er die sogenannte
erste Helvetische oder Basler Konfession von 1536 und beteiligte sich auch (zusammen mit
Martin Bucer) an den Verhandlungen, die stattfanden, um die Schweizer 1536 zur Annahme der

1 Den Text des Basler Druckes wie auch den der Ausgabe in Sigmaringen stellte mir Josef Schülzle zur
Verfügung, der seit Jahren dem Leben und Wirken des Simon Grynaeus nachgegangen ist.

2 P. S. Allen (Hrsg.), Opus epistolarum Des. Erasmi Roterodami. 12 Bde. 1906-1958. Nr. 1657, Z. 1 f.

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