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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0023
Die Junginger Audienzprotokolle von 1600-1625

Mindestversorgung der Kinder durch die Ehe auch in der ökonomisch schwachen Gruppe noch
sichtbar.

Wo dieses wirtschaftliche Auskommen nicht mehr gewährleistet ist, kann die Herrschaft,
die der Ehe zustimmen muß, eingreifen. Hans Grösser etwa wollte 1609 die Tochter des
Talheimer Schmieds heiraten. Der Protokollant notiert:... hat kheins nichts in verwegen, Allein
dieweil sie groß schwanger, pitten sie underthenig E. H. wellen gdl. vergunden, das sie mit der
Hochzeit firfaren derffen. Am Rand entscheidet der Graf persönlich: Hochzeit mögen sie zwar
halten, aber danach miteinander aus der Grafschaft ziehen. Hier kommt zwar die Strafe wegen
der vorehelichen Schwängerung zur Geltung, aber der Graf war auch aus wirtschaftlichen
Gründen nicht daran interessiert, daß sich mittellose Ehepaare in der Grafschaft niederließen.

Auch von Seiten der Gemeinde gab es wirtschaftliche Interessen, die ein Eingreifen in die
Eheabsichten der Dorfgenossen rechtfertigten. Der Schmied Jerg Kientzler war gestorben und
die Witwe Barbara Daubenschmidin gedachte sich 1611 neu zu verehelichen. Ein Mann aus
Geislingen fand aber offensichtlich nicht das Gefallen der Gemeinde. Als sie schließlich noch im
selben Jahr den Schmied Barthlin Hebich aus Wilflingen präsentierte, hatte sie das Wohlwollen
der Dorfgenossen auf ihrer Seite.

So war also der Eheschluß keine reine Privatangelegenheit. Da gab es die Verweigerung des
Heiratskonsenses durch den Grafen, den Einspruch der Gemeinde, die Ansprüche der Familie -
und alle hatten letztlich ein ökonomisches Interesse daran, welche Ehen zustande kamen und
welche nicht. Wo diese Bedingungen erfüllt waren, da sollte dann wenigstens ein Mindestmaß
existentieller Sicherung gegeben sein: eine Kuh im Stall und ein Dach über dem Kopf. Matheus
Freudemann, ein Schreiner, der 1608 Barbara Deuckerin heiratet, hat sonst außerhalb seines
Handtwercks und etlichen Werkzeugs hierzu dienlich nichts in vermegen; allein will sein Vatter
inen zwey Jar Herberg geben und sonsten tegliche Hilf erweisen. Oder: Hans Pfister, Gedion
Pfisters von Jungingen Sohn, so Rechen... machen kann, heiratet 1606 Theis Kletten Stieftochter
; sie erhält als Aussteuer eine Kue, zwei Schaf, Lemmer, eine Gaiß, eine Ritza, Bettstatt sambt
iren Klaidem; er bekommt vom Vater im Haus die Bini und unden daran, das er Stuben und
Cammer pawen kendt.

2. Das Haus

Die Ehe bildet in der bäuerlichen Gesellschaft die kleinste Wirtschaftseinheit, dies aber nur
im Zusammenhang mit einer Wirtschaftsstelle - einem Hof oder einer Werkstatt -, die für die
Zukunft Ernährungsgrundlage ist. In der Regel kann die Ehe erst geschlossen werden, wenn die
Voraussetzung eines eigenen Wirtschaftsbetriebs und damit eines eigenen Herdes gegeben ist.
Ausnahmsweise kann das junge Paar in das Haus der Eltern hineinheiraten, wie dies Hans
Pfister tat: dann muß die Bini (Bühne, Dachboden) zu einer Cammer ausgebaut werden. Noch
1623 möchte Alt Hans Hewis für seinen Sohn eine Stube ins Haus bauen. Aber so etwas kann
nur provisorisch und übergangsweise eingerichtet werden. In der Regel müssen die Jungen aus
dem Haus. Alt und Jung unter einem Dach - das geht nicht gut... Der Bäcker und spätere Vogt
Hans Schuler klagt 1600, daß er seinen Tochtermann seit drei Jahren in der Kost habe, er solle
jetzt endlich in Dienst gehen. Unser Hans Pfister beantragt denn auch schon ein Jahr nach seiner
Hochzeit (1607), ein eigenes Haus bauen zu dürfen. Dieses Vorhaben scheint er jedoch fallen
gelassen zu haben, denn noch im selben Jahr kauft er von Jacob Deucker ein Häuslein um 65 fl.
Zwischen 1600 und 1613 wechseln auf diese Weise dreizehn halbe oder ganze Häuser und
Häuslein ihren Besitzer. Die Preise schwanken dabei je nach Größe, Zustand und Zubehör
zwischen 35 und 50 fl. für halbe Häuser und bis zu 382 fl. für ganze.

Öfter aber noch werden im selben Zeitraum Häuser neu gebaut bzw. umgebaut. 15 Wohngebäude
und eine Anzahl Scheunen und Schuppen werden errichtet. Die Informationen, die wir

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