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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0029
Die Junginger Audienzprotokolle von 1600-1625

den Bäckern ist aber Hans Schuler, der uns als Vogt 1601 und von 1604-1612 am deutlichsten
entgegentritt.

Das Dorf Jungingen zeigt also schon vor dem 30jährigen Krieg eine recht ausgeprägte
Handwerkerstruktur. Trotz verschiedener Unsicherheiten zähle ich die sicher nachzuweisenden
Handwerker in einem bestimmten Stichjahr und beziehe sie auf die Gesamtbevölkerung. So
finde ich 1605 21 von 80 Familien, deren Existenzgrundlage ein Handwerk oder Gewerbe ist.
Bezogen auf 1000 Personen der Bevölkerung ergäbe dies eine Handwerkerdichte von etwa
50 %o. Jungingen scheint also zu allen Zeiten, gemessen an anderen Gegenden, relativ viele
Handwerker beherbergt zu haben, ein Befund, der offensichtlich mit den ungünstigen
agrarischen Verhältnissen im Killertal zusammenhängt11.

5. Der Markt

Die Uberschrift will nicht fehlleiten: einen Markt hat es in Jungingen nie gegeben. »Markt«
gebrauche ich hier in der übergeordneten Bedeutung einer Teilnahme am überregionalen
Austausch von Waren und Dienstleistungen. Die relativ große Anzahl örtlicher Handwerker
befriedigte zwar die Grundbedürfnisse Wohnung, Kleidung, Nahrung hinlänglich und garantierte
den Erhalt der agrarischen Produktionsmittel, sie darf uns aber nicht darüber hinwegtäuschen
, daß die Bewohner Dinge brauchten, die im Dorf selbst nicht zu haben waren. Wer flickte
den Jungingern z. B. die Schuhe, wer mauerte ihre Kamine, wer deckte ihre Häuser mit Stroh
ein? Daß Dachziegel aus der herrschaftlichen Ziegelhütte in Boll zu beziehen waren, wissen wir
immerhin. Ansonsten werden die Junginger vieles aus der Stadt Hechingen besorgt haben,
obwohl der Hechinger Markt in den Protokollen nie erscheint. Zwei andere Märkte der näheren
Umgebung werden dagegen erwähnt. 1600 will einmal der Rechenmacher Gedion Pf ister mit
Rechen auf den Markt nach Nahen (Nehren), was ihm dies eine Mal erlaubt wird. 1608 bittet die
Gemeinde, die der Herrschaft ihr St. Gallentag-Frongeld bezahlen soll, umb ZU [Aufschub] bis
auf den Rangendinger Nachmarkt. Das heißt, damit die Junginger Bürger ihren Anteil am
Frongeld (jährlich zweimal 100 fl. laut Fronbrief von 1592)12 bezahlen können, müssen sie
irgendwelche Produkte auf dem Markt in Geld umsetzen. Welche Waren das sind, erzählt uns
das Protokoll leider nicht. Auch sonst werden Produkte der Hausindustrie nicht genannt.

Was Jungingen auf den Markt brachte, war in der Hauptsache Holz, selten auch einmal
Getreide. Tuchhandel, der bei der Anzahl von Webern zu erwarten wäre, ist nicht nachzuweisen
. Beim Holz war, wie wir schon wissen, die Gemeinde Hauptlieferant. Wie 1608 fürs
St. Gallen-Frongeld mußte sie auch 1604, um das Pfingstfrongeld aufzubringen, mit Holz nach
Rottenburg oder Tübingen fahren. Auf privater Seite sind nur Hans Schuler und Hans Hewis
erwähnt, die Holz verkaufen können. Wir haben schon gehört, daß sie 1603 Holz nach
Tübingen bringen, um damit Eisen zu lösen.

Mit dem Eisen haben wir das kostbare Metall berührt, das die Dorfbewohner von weit her
holen müssen. 1611 hat z.B. der Junginger Schmied drei Pfund Eisen in Ulm besorgt. Ein
Kupfergeschirr muß der Kessler Michel Keck 1600 in Horb kaufen. Horb scheint damals auch
Feinmechaniker beherbergt zu haben, denn die Gemeinde muß 1602 ihre Schlaguhr dorthin in
Reparatur geben, was sie wiederum nur durch den Verkauf eines größeren Postens Holz
finanzieren kann. Im selben Jahr fragt auch die Heiligenpflege an, ob sie das mittel glöcklein
machen lassen solle, weil es ze Scheiben ein notturfft. Ob und wo die Glocke repariert wurde, ist
dabei nicht zu erkennen. Auch wo der Säger seine Sägeblätter her hatte, wofür er 1602 einmal
8 fl. und 1610 10 fl. zahlte, wird nicht deutlich.

11 Vgl. Kuczynski (wie Anm. 1), Bd. 1, S. 221 ff., der, gestützt auf andere Forscher, dem ländlichen
Handwerk in jener Zeit keine große Bedeutung beimißt.

12 Joh. Adam Kraus, Die Fronbriefe der zollerischen Gemeinden 1592/93. In: Zollerheimat 11 (1938).

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