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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0086
Walter Kempe

2.2.2 Apothekenvisitationen nach der württembergischen Medizinal-Verfassung

Jährlich fanden jetzt durch das Oberamt Saulgau Visitationen statt, bei denen die Geräte der
Wundärzte und Hebammen kontrolliert wurden. So im September 1809. Im Ankündigungsschreiben
des Oberamtes vom 23. August 1809, heißt es: Auch wird am 4. September die
Visitation der dortigen Apotheke vorgenommen, wovon der dortige Bürgermeister Luib zu
unterrichten istM.

1809 dürfte also Jakob Luib schon Bürgermeister neben Bürgermeister Ruppaner gewesen
sein, der dieses Amt von 1809 bis 1818 inne hatte. Die Apotheken-Visitationen wurden in der
Generalverordnung über die Organisation der Medizinal-Verfassung im Königreich Württemberg
vom 22. März 1814 neu festgelegt85. Wegen der seit 1803/1806 hinzugekommenen
Landesteile, in denen unterschiedliches Recht bestanden hatte, wurde eine Vereinheitlichung
der Organisation und der Gesetze in Württemberg notwendig. Damit wurde auch eine
Neuorganisation der Medizinal-Verfassung erforderlich. In der Verordnung wird das Recht des
praktischen Arztes bestätigt, sich nach freier Wahl (wohin besonderes Zutrauen ihn ruft) im
Königreich niederzulassen. Jedes Oberamt erhielt einen öffentlichen Gesundheitsbeamten mit
fester Besoldung von ca. 450 bis 500 Gulden jährlich, den Oberamtsarzt, der für das
Medizinalwesen verantwortlich ist. Er hatte u. a. die Aufsicht über alle Medizinal-Anstalten
und das medizinische Personal, die Ausbildung von Wundärzten und Hebammen und ihre
Praxen auszuüben. Er hatte, falls notwendig, ohne weitere Entschädigung den Haus-Armen in
öffentlichen Spitälern und Krankenhäusern ärztliche Hilfe zu leisten. Ihm oblag die Visitation
der Apotheken. Je nach den örtlichen Verhältnissen wurden Distrikte gebildet, denen ein
Unteramtsarzt zur Entlastung der zahlreichen Aufgaben des Oberamtsarztes vorstand.

Im Zuge dieser Änderungen wurde Dr. Kehle Unteramtsarzt in Mengen und unterstand
dem Oberamtsarzt in Saulgau. § 11 der General-Verordnung von 1814 legt den Umfang der
Apothekenvisitationen durch den Amtsarzt fest. 1. Kontrolle, daß a) die Apotheke alle
gangbaren Arzneimittel in guter Qualität und hinreichender Menge führt; b) die zusammengesetzten
Mittel der Deklaration entsprechen. Sie sind chemisch zu untersuchen; c) die notwendigen
Reagentien (Prüfchemikalien) zur Untersuchung bei Vergiftungsfällen und von Mineralwässern
u. a. vorrätig gehalten werden. 2. Der Amtsarzt muß den Wareneingang des Apothekers
überprüfen und die Beschaffenheit untersuchen. Arzneien, die den Qualitätsanforderungen
nicht genügen, sind zu entfernen. 3. Kontrolle der Sauberkeit und Ordnung der Apotheke
(Offizin, Kräuterboden, Mineralwasserkeller, Materialkammer, Labor). Kontrolle der Giftbehälter
, Giftbücher und ärztliche Verordnungen (Rezepte). 4. Kontrolle der Rezepte auf
a) unerlaubte Praxisausübung durch nicht geprüfte Personen; b) Einhaltung der festgelegten
Apothekenpreise; c) nicht erlaubte Abgabe verschreibungspflichtiger Mittel durch den Apotheker
; d) Kontrolle auf Einhaltung sämtlicher gesetzlicher Bestimmungen. 5. Auch die außerhalb
seines Wohnortes befindlichen Apotheken hat der Ober- und Unterarzt in seinem jeweiligen
Distrikt alle Frühjahr und Spätjahr, wenn die Messewaren angekommen sind, zu untersuchen.

Mit diesen Bestimmungen wird die Eigenart der damaligen Apotheken deutlich, die als
private Unternehmen unter vollkommener behördlicher Aufsicht standen.

Ärger gab es häufig wegen der Bezahlung von Rezepten, die für Arme Kranke bestimmt
waren und aus der öffentlichen Kasse bezahlt werden mußten. Das Oberamt Saulgau wies am
31. Mai 1812 in einem Schreiben an die Stadt Mengen hin, daß solche Rezepte, um Mißbrauch
vorzubeugen, von einer unabhängigen Magistratsperson gegengezeichnet sein müssen. Zur
Unterzeichnung war damals Stadtrat Knoll berechtigt86.

84 A Mengen, Bü Akte Fach 16, Kasten H, Medizinalvisitationsakten (1809-1859) f. 1.

85 StA Ludwigsburg, Württ. Staats- und Regierungsblatt 1814, S. 121.

86 A Mengen, Bü Akte Fach 16, Kasten H, Arzneien oder Medikamente an Arme Kranke (1812-1833)
f. 1.

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