Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0144
Manuel Werner

abhelfen, u. im Falle religiöse Bedenken erhoben würden, bei der königlich württembergischen
israelitischen Oberkirchen-Behörde ein Gutachten einholen zu wollen, ob dieser Einrichtung ein
religiös-kirchliches Hindernis im Wege stehe. Hochachtungsvollstp.181

Erweiterung der Synagoge und Einbau der Galerien

In den Jahren 1850 bis 1852 wurde die Synagoge erweitert182. Vermutlich erfolgte zu dieser
Zeit die Umgestaltung der an die Synagoge angebauten Wohnung des Vorsängers (inzwischen
gab es ja ein jüdisches Gemeindehaus mit Wohnungen) zur erweiterten Synagoge. Der
annähernd quadratische Grundriß der Synagoge mit der Innenkuppel im Zentrum wurde zur
Judengasse hin verlängert und der Anbau breiter ausgeführt. Die Eingangsfront ist deshalb
wesentlich breiter als die gegenüberliegende. Außerdem ragt die Synagoge von allen Häusern
der Zeile am weitesten in die Goldschmiedstraße hinein. Auch die Nische für den Toraschrein
ist wohl erst zu dieser Zeit angebaut worden183. Damals hatte der Wehrgang auf der Stadtmauer
bereits seine Bedeutung verloren.

Der Grundriß weist nunmehr auffallende Ähnlichkeiten mit der Form einer Basilika auf und
erinnert auch an den Salomonischen Tempel, der der Vorstellung von konzentrischen Bereichen
der Heiligkeit entsprach. Auf einer Achse liegen hintereinander drei Räume: ein Vorraum, ein
Hauptraum und ein »Allerheiligstes« (Debir). 1 Kön 7, 21 wird erwähnt, daß Salomo rechts
und links im Vorraum des Jerusalemer Tempels zwei Säulen, Jachin und Boas, aufstellen ließ,
die übrigens auf kanaanäisch-phönizische Vorbilder zurückgehen. Wie andere Kultgegenstände
im Tempel, z.B. das eherne Meer (1 Kön 7, 23-25), hatten sie höchstwahrscheinlich eine
kosmische Symbolik. Die genaue Lage dieser beiden Säulen (im ehemaligen Tempel) ist
umstritten. Entweder lagen sie knapp vor dem Eingang, waren also freistehende Säulen ohne
Trägerfunktion, oder sie befanden sich im Eingang selbst und trugen das Dach des Vorraums. In
Hechingen befinden sich zwei eiserne Säulen rechts und links des Eingangs im Hauptraum und
stützen die Empore184. (Allerdings befanden sich als tragende Elemente für die Frauenstände
auf jeder Seite weitere zwei Säulen). Die ursprüngliche kosmische Symbolik des Tempels als der
Mitte und Repräsentanz des Kosmos läßt sich aus der Zentralkuppel des Synagogenhauptraums
erahnen185.

Aus den Akten 1838 sequ. Rabbinatssachen Bekanntmachungen Correspondenzenm ist zu
ersehen, daß (wohl Anfang des Jahres 1851) mehrere Mitglieder der Gemeinde dem israelitischen
Gemeindevorstand einen Plan zur Erweiterung des Synagogenbaues bezügl. der Anbringung
von Gallerien vorgelegt hatten. Unter Zuziehung des Baukomitees beschloß der
Vorstand, die neuen Frauensynagogenstände auf diese Weise zu errichten.

Der Überschlag rechnete mit Kosten in Höhe von 573 Gulden. Sollte dieser Betrag durch die
Auflagen, Käufe und Täusche nicht aufgebracht werden können, so sollte das Defizit aus der
Militärcassa gedeckt werden.

Bei der Verteilung der neuen Stände achtete man darauf, daß zuerst die bisherigen Besitzer

181 Ebd.

182 Akteninventar der Israelitischen Gemeinde. Lagerort: SAH, Aktenplan 5422, Bd. Rechtsverhältnisse
der Israelitischen Gemeinde.

183 Siehe Abb. 4.

184 Das Säulenmotiv begegnet weiterhin neben den Synagogenfenstern als Bemalung, auf der Gefallenengedenktafel
, auf den kunstvoll bestickten Toraschreinvorhängen, auf den Tora-Schilden, rechts und links
des Friedhofseingangs sowie auf einigen Grabdenkmälern. Siehe hierzu auch Kapitel VIII. Kultgegenstände
, Ziffer 9: Symbolische Darstellungen und Motive, Säulen.

185 Siehe hierzu Kurt Schubert, Die Kultur der Juden im Altertum. Wiesbaden 1980, S. 83 ff.

186 Lagerort: CAHJP, Inv. Nr. S 107/5.

142


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0144