Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0163
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

Einer von ihnen gestorben, ..., gingen sie zu dem Fürsten und seinen Rathen und sprachen:
Gebt uns (vor der Stadt) ein Erbbegräbnis, daß wir unsere Todten begraben können. Da fuhr sie
der Fürst hart an: Was habt Ihr hier zu suchen ? Was wollet Ihr hier ein Grab graben ? Gehet zum
Galgen, den Wir errichten ließen, damit das Böse aus unserer Mitte vertilgt werde. Dort auf
jenem Berge begrabt Eure Todten, denn ihr seid nicht besser, als die armen Sünder, die dort am
Galgen hängen. Und so erließ er ein Dekret. Als unsere Väter dieses hörten, waren sie sehr
betrübt; sie weinten, mußten sich aber in das traurige Schicksal fügen und begraben ihre Todten
unter dem Hohn und Spott der Umgegend immerwährend«274.

Rabbiner Dr. Samuel Mayer beschreibt die Lokalisierung des Begräbnisortes in den
Orientalischen Berichten 1844 so: »Als sie einen Todten zu begraben hatten, und sie um
Einräumung eines Grundstückes zum Begräbnisplatze baten, wurde ihnen ein Rasen auf einem
Vi Stunde von hier entfernten Hügel neben dem Galgen, der dort errichtet war, zu diesem
Zwecke angewiesen. Demütig beugten sie sich unter das Joch der Schande, welche durch den
Hohn der Bürger noch vermehrt wurde«275.

In dem im Jahr 1837 von ihm herausgegebenen Samstagsblatt macht er in den Parallelen aus
der Geschichte der Israeliten indirekt darauf aufmerksam, »wie schmachvoll hier die Christen
den Nachkommen Abraham's , und wie ehrenvoll die Heiden dem Stammvater ein Erbbegräb-
niß angewiesen hatten (Mos. 1, 23, 6.)«276. Die entsprechende Passage lautet: »In dem ersten
Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts baten die in einer süddeutschen Stadt aufgenommenen
Israeliten, daß, da sie einen Todten aus ihrer Mitte begraben sollten, man ihnen ein
Erbbegräbnis anweisen möge. Und siehe da! man wies ihnen einen Wasen hart an dem
Hochgerichte an. Der Gottesacker, genannt: >das Haus des Lebens< ist noch an demselben Orte,
und die Spuren des Hochgerichtes sind noch sichtbar«277.

In einer Anmerkung zu diesen Zeilen verdeutlicht er die Schändlichkeit dieses Verfahrens
noch einmal: »[Sogar] die römischen Imperatoren erklärten die Begräbnißplätze der Juden pro
locis religiosarum, und sey die Entweihung derselben mit der poena sepulchri violati zu
belegen. L. X. cap. 9. de Judaeis«278.

Cramer umschreibt in diesem Zusammenhang den Judenfriedhof als »Ort der Verdammten
im Schatten des Reinigungsberges«279.

Wie beleidigend die Juden diese Plazierung empfanden, erhellt auch ein Zeitungsartikel des
letzten Rabbinatsverwesers der israelitischen Gemeinde Hechingen, Leon Schmalzbach, der-
allerdings in einem anderen Zusammenhang - anführt: »>... eine Beschimpfung Gottes ist ein
Gehängten, weil auch er im Ebenbilde Gottes erschaffen ist.. .«280.

Alter des jüdischen Friedhofs

Auf dem Anfangsteil des Friedhofs, in Richtung des Stadtteils Sickingen, befinden sich die
ältesten Grabsteine. Sie sind schlicht und meist in Sandstein ausgeführt. Einige sind nicht mehr
vorhanden, einige liegen dort, andere stehen in schräger Stellung, aber alle sind sie stark oder
vollständig verwittert und deshalb fast nicht mehr lesbar. Die Inschriften sind hebräisch. Dieser
älteste Friedhofsteil war um 1950 durch Bäume und Strauchwerk völlig zugewachsen.

274 C, S. 206 f. Diese Erzählung ist aber nicht verbürgt und erscheint nicht sehr glaubwürdig. Als
literarische Form verdichtet sie wahrscheinlich die Fülle der Repression in einem Bild.

275 Orientalische Berichte, Studien und Kritiken für jüdische Geschichte und Literatur. 1844, Sp. 457.
Lagerort: HHBH, R. 19.15.

276 Ebd., Fußnote 4.

277 Israelitisches Samstagsblatt. Hechingen 1837, Nr. 11 vom 1. Juli 1837, S. 43. Lagerort: HHBH, R. 1.

278 Ebd.

279 C, S. 225.

280 HB1 vom 3. April 1926. In dem Artikel unter der Überschrift »Von der Kreuzesstrafe« wehrt sich
Schmalzbach gegen bewußt falsche Informationen über das historische Judentum.

161


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0163