Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0176
Manuel Werner

in ihrem gegenwärtigen Zustand unbedingt zu erhalten322, bis die Bestandsaufnahme beendigt
sei. Die Besichtigung des Judenfriedhofs durch Frau Margret Schaffner vom Staatsarchiv
Sigmaringen fand am 16. November 1943 statt. Mit der fotografischen Aufnahme der
Grabsteine wurde das Fotohaus Keidel & Daiker beauftragt. Dieses führte die Aufnahme dann
im Frühjahr 1944 durch.

Friedhofshalle

Aus einem Schreiben des israelitischen Gemeindevorstands an das Bürgermeisteramt
Hechingen vom 1. Juli 190 5 323 geht hervor, daß die Pläne zur Errichtung einer Friedhofshalle
bereits zur polizeilichen Genehmigung vorgelegt worden waren. Bei dieser Gelegenheit
beantragte der israelitische Gemeindevorstand, den Aushub des ansteigenden Geländes innerhalb
der Mauer von etwa 50 cbm auf den Allmandplatz vor dem Friedhofseingang abzulagern,
um ... einen entsprechenden Kehrplatz zum Umdrehen des Leichenwagens und auch anderer
Gefährte zu schaffen324. Dies wurde gegen Zahlung einer jährlichen Anerkennungsgebühr von
50 Pfennigen gestattet325.

Schmalzbach und Hamburger schreiben 1937326: »Rechts vom Eingang [des Friedhofes],
verschlossen durch ein handgeschmiedetes Tor, steht die Friedhofshalle, welche im April 1907
mit einem Kostenaufwand von M. 6000,- fertiggestellt wurde, wozu die Chewrah-Kadischa327
M. 2000,- beisteuerte. Das Blechdach ist mit einem broncenen Davidstern (Mögen Dovid)328
geschmückt. Durch das Erdbeben am 16. November 1911 und die darauffolgenden Nachbeben
haben sowohl das Mauerwerk wie auch der Innenraum der Halle stark gelitten. Leider ist auch
ein Teil der schönen buntfarbigen Fenster durch Bubenhand zerstört worden.«

Unter der Herrschaft des nationalsozialistischen Regimes wurde die Friedhofshalle gewaltsam
aufgebrochen und die Inneneinrichtung total zerstört. Der Kultraum wurde mit mindestens
einer antisemitischen Hetzschrift beschmiert. Der »broncene Davidstern«, von dem
Hamburger und Schmalzbach in ihrer Gräberliste vom 31. Dezember 1937 berichten,
schmückt das Blechdach der Friedhofshalle schon lange (vermutlich seit den damaligen
Verwüstungen) nicht mehr. Die bunten Fenster wurden mehrmals eingeworfen329. Am
19. November 1952 wird in einem Schreiben von Bürgermeister Bindereif an das Landratsamt

322 Ebd.

323 Lagerort: SAH, API 8410, Bd. Israelitischer Begräbnisplatz betr., Fach Nr. 3.

324 Ebd. Siehe auch StAS Ho 6 A 317: Der für die Judenschaft proponirte Leichenwagen.

325 Vgl. Schreiben des Bürgermeisters vom 11. Juli 1905 (T. Nr. 2339) an den Vorstand der israelitischen
Gemeinde. Lagerort: SAH, API. 8410, Bd. Israelitischer Begräbnisplatz betr., Fach Nr. 3.

326 GL, S. IV f.

327 Beerdigungsbruderschaft.

328 Durch die Abschrift schlichen sich vermutlich zahlreiche Fehler ein, wie statt Magen David hier
fehlerhaft »Mögen Dovid«. Der Davidstern (eigentlich Davidschild) wird aus zwei ineinander geschobenen
Dreiecken gebildet (Hexagramm). In der Antike ein weit verbreitetes dekoratives Zeichen ohne spezielle
Bedeutung, ist der Davidstern als magisches Zeichen in hebräischen Häusern und auf Amuletten erst seit
dem Mittelalter belegt (auch unter dem Terminus »Siegel des Salomo«). Der offizielle Gebrauch des
Davidsterns ist erstmals im 14. Jahrhundert in Prag nachzuweisen (Fahne mit Davidstern). Bis zum
18. Jahrhundert vorwiegend auf Ritualien, findet er seit dem 19. Jahrhundert zunehmend als Symbol des
Judentums weite Verbreitung. Der Schmuck des Blechdachs der Hechinger Friedhofshalle mit einem
Davidstern aus Bronze geschah offenbar in Analogie zur christlichen Kreuzessymbolik. Unter dem
Naziregime wurde der Davidstern den Juden als diskriminierendes Kennzeichen aufgezwungen. Der
Zionismus übernahm ihn als Zeichen seiner Bewegung und von dort gelangte er auf die Nationalflagge des
Staates Israel (vgl. KLJ, S. 75f.).

329 Siehe hierzu den Abschnitt: Zerstörungen.

174


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0176