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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0190
Manuel Werner

Wiederum eine Übergangsform bilden diejenigen Grabsteine, in denen nach der Inschrift
der Männer im allgemeinen die hebräische Abkürzung in hebräischen Schriftzeichen, nach der
der Frauen (auf demselben Stein) hingegen die Buchstabensequenz /. S. R. B. S. in lateinischen
Lettern ausgeführt ist392.

Auf anderen Grabsteinen wurde das t. n. z. b. h. gänzlich verdeutscht in S. S. R. B. S.
(Abbreviatur für »Seine Seele ruhe im Bunde der Seligen«) oder /. S. R. B. S.m. Sogar diese in
lateinischen Lettern gehaltene Abkürzung fehlt beispielsweise auf dem Grabmal von Hermann
Levi. Die gesamte Inschrift lautet:

Hermann Levi
20. 12. 1876. 21. 9. 1931.

Dies zeugt von der allmählichen Aufgabe des Hebräischen und des speziell Jüdischen. Erst
bei den jüngsten Grabdenkmälern tauchen wieder vermehrt hebräische Abkürzungen auf394.
Als Beispiele können die von Rosa Einstein, von William Lob, von Rose Loewenthal, von
Trude Grünstein und von Flora Fauser gelten.

Im Kontrast zu dieser Erscheinung haben einige Grabplatten der Grabsteine jüngsten
Datums eine Öffnung zum Einstellen eines Blumentopfes. Bei der zuletzt beerdigten Flora
Fauser ist das Grab sogar mit Blumen bepflanzt. Diese Wandlungen deuten ebenfalls auf eine
allmähliche Angleichung an die äußeren Formen christlicher Friedhöfe der Umgebung hin393.

5. Sonstige Einrichtungen

Die israelitische Gemeinde in Hechingen unterhielt - zumindest zeitweise - ein Armenhaus396
, eine Herberge für Durchreisende397, ein Judentazarethm, ein Schlachthaus399
(vermutlich zeitweise im Waschhaus auf der Friedrichstraße), eine koschere Metzgerei400, eine
rituelle Mazzoth-Bäckerei (1829-1851) sowie eine rituelle Gastwirtschaft401.

392 Z.B. auf dem Grabmal von Joseph O. Levi (1822-1906) und Karoline Levi (1832-1908); eine
auffallende Ausnahme bildet der Grabstein des Moritz Stern (1838-1918) und der Babette Stern
(1842-1929). Hier taucht nach der Inschrift des Mannes die Buchstabenfolge S. S. R. B. S., nach der
Inschrift der Frau die Abbreviatur in hebräischen Lettern auf.

393 Z. B. die Inschrift auf dem Grabstein der Elsbeth Schnurmann.

394 Dies könnte Ausdruck einer gegenläufigen Reaktion auf die Diskriminierung während des nationalsozialistischen
Regimes sein.

395 Die Ausgestaltung der Grabmäler (Form, Schmuck, Schrift und Inschrift) wäre - besonders in ihrer
Entwicklung - einer besonderen wissenschaftlichen Untersuchung wert. Aufschlußreich wäre auch ein
Vergleich mit zeitgenössischen christlichen Grabsteinen (Inschriften, Motive, symbolische Darstellungen)
sowie mit jüdischen Friedhöfen der Umgebung. - Der katholische Geistliche Karl Harmuth schildert in
seinem im November 1952 erschienenen Artikel in der Hohenzollerischen Zeitung (Lageron: HHBH
R. 12 XXIX) folgende, ihm wesentliche Unterschiede zwischen christlichem und israelitischem Begräbnisplatz
: »Uebrigens wird ein jüdischer Friedhof weit weniger besucht als ein christlicher, ... Der Jude geht
nicht so häufig auf den Friedhof zu den Gräbern wie der Christ: Ich habe den Eindruck, daß ihm seine Toten
doch etwas ferner sind als unsere Toten, und wenn ich einen jüdischen Friedhof mit einem christlichen
vergleichen soll, so muß ich schon sagen: unsere christlichen sind >österlicher<. Ueber unseren Gräbern
strahlt eben das Osterfest mit seiner ganzen Wucht, Leuchtkraft und Hoffnung. Auch der Jude glaubt an ein
ewiges Leben, eine Vergeltung von Gut und Bös und auch an die Auferstehung der Toten, aber er kennt und
anerkennt nicht den, der gesagt hat: >Ich bin die Auferstehung und das Leben<«.

396 Siehe hierzu Kapitel X. Kult und rituelle Formen unter 6. Armenwesen.

397 Ebd.

398 Ebd. Stadtgerichtsprotokolle (1749-1754), Protokoll vom 28. 5. 1749, Folio A 10. Lagerort: SAH.

399 Siehe hierzu Kapitel IX. Das Kultuspersonal unter 4. Schächter.

400 Ebd.

401 Vgl. Akteninventar der Israelitischen Gemeinde Hechingen (Lagerort: SAH) und die Abschrift eines
Fragebogens zur Geschichte der Hechinger Juden (Lagerort: SAH). Siehe auch S. 123f.

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