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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0220
Manuel Werner

Judenfamilien hin sowie auf die eigenständige Entwicklung des Toraschmucks in Deutschland,
bei der es zu einer Vermischung von religiösen und weltlichen Symbolen kam.

Bundestafeln: Auf der fotografischen Darstellung des Hechinger Tora-Schreins sind oben
die zwei Tafeln des Bundes erkennbar, die von zwei Löwen seitlich gestützt werden. In dem auf
demselben Foto abgebildeten Vorhang (Parokät) wiederholt sich das Motiv. Auf zwei Tora-
Schilden - darunter dem ältesten in Hechingen erhaltenen - sind ebenfalls Bundestafeln zu
erkennen. Diese Tafeln gehören zu den tradierten heiligen Stiftszelt- und Tempelgeräten469.

Glöckchen: Alle fotografisch festgehaltenen Tora-Schilde aus Hechingen sind an ihrer
Unterseite mit Glöckchen versehen. Deren Anzahl ist immer ungerade: Vier der Tora-Schilde
weisen je drei, ein Tora-Schild fünf Glöckchen auf. Auch die Rimmonim weisen Glöckchen
auf. Glocken verweisen häufig auf die Verbindung zwischen Himmel und Erde, rufen zur
Sammlung und zum Gebet, erinnern an den Gehorsam gegenüber den göttlichen Gesetzen470.

Granatapfel: Die Rollstäbe der Hechinger Tora-Rolle, die bei der Fotografie des Blicks in
den Tora-Schrein halblinks unten zu sehen ist, sind mit Aufsätzen versehen. Diese Ornamente
aus Edelmetall werden Rimmonim (wörtlich: Granatäpfel) genannt471. Im Judentum ist der
Granatapfel ein Sinnbild für die Treue gegenüber der Tora472.

Krone: Bei der Fotografie des geöffneten Tora-Schreins ist unten links eine verhüllte Tora-
Rolle zu sehen. Der Umhang ist mit einer Krone (Tora-Krone) bestickt. In ihrer Form ist sie der
preußischen Königskrone nachgebildet. Viele Kultgegenstände wurden von christlichen Handwerkern
gefertigt, die dann christliche oder weltliche Motive verwendeten, besonders wenn für
diese Gegenstände keine feste Überlieferung vorlag. Es ist daher verständlich, wenn Tora-
Kronen Königs- oder Madonnenkronen gleichen473. Tora-Kronen besonders Süddeutschlands
besitzen meist einen einheitlichen Grundtypus und weichen in ihrer Form von den in anderen
Ländern entstandenen und ebenfalls uneinheitlich gestalteten Tora-Kronen ab474.

Auch der Mantel der Hechinger Tora-Rolle unten halbrechts ist mit einer Krone bestickt;
die Aufsätze der Rollstäbe sind in Form einer Krone gestaltet. Jüdische Tradition vergleicht die
Tora nicht nur mit einem Lebensbaum (Ez Chajjim, wörtlich: Baum des Lebens), sondern auch
mit einer Braut oder Königstochter. Gleich einer Braut oder Prinzessin sollte die Tora auch
traditionsgemäß geschmückt werden. Zu diesem königlichen Tora-Schmuck, der im Mittelalter
gleichzeitig mit den Rimmonim entwickelt wurde, gehörte die Krone (Atara, später Kätär-
Torah genannt), die auf die Spitze der Tora-Stäbe gesteckt wurde. Ursprünglich wurden diese
Kronen nur für besondere Feiertage verwendet.

Im Judentum gilt die diademartige Goldkrone außerdem als Zeichen hohepriesterlicher
Würde475. Oft finden sich drei Kronen: Symbole für die Krone des Lernens (Tora), des
Priestertums und des Königtums (Sprüche der Väter 4, 17)476.

Löwe: Auf der Fotografie des Hechinger Tora-Schreins sind auf der Lade zwei Löwen zu
erkennen, die die Bundestafeln seitlich stützen. Außerdem ist der Tora-Vorhang (Parokät) -
wie die übrigen Vorhänge auch - mit zwei Löwen bestickt, die die Tora-Krone nach oben
halten. Auf dem von der Familie Kauila im Jahre 1810 gestifteten Vorhang sind die Löwen mit

469 Zum symbolischen Gehalt in Verbindung mit den beiden Löwen siehe unter dem Stichwort »Löwe«
im selben Abschnitt.

470 Vgl. Herder Lexikon Symbole. Freiburg 1978, S. 62.

471 Vgl. Gutmann, Jüdische Zeremonialkunst. Frankfurt am Main 1963, S. 16.

472 Vgl. Herder Lexikon Symbole. Freiburg 1978, S. 64.

473 Vgl. Gutmann, Jüdische Zeremonialkunst, S. 37f.

474 Ebd. Abb. 3, 4, 5a, 5b, 6, 7, 8, 9, 11, 23, 51 und S. 17.

475 Vgl. Herder Lexikon Symbole, S. 94.

476 Vgl. Gutmann, Jüdische Zeremonialkunst. Frankfun am Main 1963, S. 21. Siehe auch den von der
Familie Kaulla im Jahre 1810 gestifteten Vorhang, die Toraschilde und unter dem Stichwort »Löwe« in
diesem Abschnitt.

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