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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1984/0227
Besprechungen

Marc Moser: Zur Geschichte des Botenwesens der Abtei Muri. Band I, I. Teil, 1596-1684. Ein Beitrag zur
950. Jahrfeier der Gründung der Benediktinerabtei Muri (AG). 2. Aufl. Heerbrugs: Rheintaler
Druckerei und Verlag AG 1978.

Die Anfänge des schweizerischen Botenwesens weisen immer weniger dunkle Stellen auf dank der
hohen Schaffenskraft des bekannten Schweizer Posthistorikers Marc Moser. Als weiteres Werk hat er zum
950jährigen Bestehen des Klosters Muri im Aargau den ersten Teil der Geschichte des Botenwesens der
Abtei Muri veröffentlicht.

In seiner Arbeit berücksichtigt Moser nicht nur die reinen verkehrspolitischen Entwicklungen des
Botenwesens, sondern er ordnet diese in den größeren Zusammenhang der politischen und kulturellen
Landesentwicklung ein. Durch diese Themenstellung ist sichergestellt, daß auch dieses Werk Mosers über
den postgeschichtlich orientierten Leserkreis hinaus auf weites Interesse der mit ihrer Landesgeschichte
verwurzelten Bevölkerung stoßen wird.

Im ersten Teil behandelt Moser die Geschichte des Benediktinerklosters Muri, dessen Besitzungen von
der Innerschweiz bis in den Breisgau reichten, und die folglich auch vielfältige Botengänge auch über die
Schweizer Landesgrenzen hinaus notwendig machten. Als früheste Boten finden wir sowohl geistliche als
auch weltliche Personen. Als Bevollmächtigte des Klosters gehörten sie zum Teil der sozialen Oberschicht
an, zum Teil übten die Boten auch die Funktion eines Gerichtsdieners oder Revisors aus. Die gesichteten
Quellen deuten darauf hin, daß den Boten zunächst die Anerkennung eines eigenständigen Berufs fehlte.
Für ihre Botengänge erhielten sie nicht nur eine Entlohnung in Geld, sondern auch einen Beitrag für die
Kleiderkosten. Ein Vergleich der Botenlöhne mit den Gehältern der Handwerker zeigt, daß die Boten
höher als die Handwerker entlohnt wurden. Mehrfach wird Ende des 17. Jahrhunderts für die Entlohnung
der Botengänge der Ausdruck »Postgeld« verwendet. Aus der nur in einem Fall zugefügten Ergänzung »et
pro discret(ione)« folgen Moser, daß es sich hier wahrscheinlich um eine zusätzliche Belohnung handelt.
Dieser Schluß mag wohl in diesem besonderen Fall richtig sein. Eine generelle Erklärung für den Begriff
»Postgeld« ist hiermit aber nicht gefunden. Weitere Untersuchungen wären reizvoll. Könnte es sich bei
diesem terminus technicus vielleicht um eine Abgeltung der Leistungen der Thum und Taxisschen
Postanstalt handeln? Hierauf deutet hin, daß es sich in diesem Fall um einen Brief aus Regensburg handelt.

In der Bestallungsurkunde wurde der Bote insbesondere zur Einhaltung des Postgeheimnisses
verpflichtet, die ihm anvertrauten Mitteilungen hatte er bis zu seinem Tode geheim zu halten, er sollte sich
auch »vor übermäßigem Trinken hüten«. Häufig hatten die Boten auch erlesene Nahrungsmittel wie
Rebhühner, Hirsche, Gemsen, Kaninchen, Lachse, Forellen, Krebse, Marzipan und Wein (z. T. aus dem
Elsaß und dem Breisgau) für das Kloster Muri zu transportieren. Die Botengänge selbst geben ein
lebendiges Bild ab, mit welchen Klöstern und Städten die Abtei von Muri besonders enge Beziehungen
unterhalten hat. Im südwestdeutschen Raum waren dies insbesondere das Kloster St. Blasien und die Städte
Konstanz, Kempten und Dillingen.

Für die postgeschichtliche Forschung besonders interessant sind drei Briefe, in denen unterhalb der
Adresse die genauen Leitwege angegeben wurden. Ein Brief stammt aus Regensburg, die zwei anderen aus
Oberungarn. Seit Mitte des 12. Jahrhunderts liegen Quellen über die Beförderung von Geldsendungen
nach Muri vor. Erstmals taucht im Jahre 1668 im Briefverkehr zwischen Muri und Zug »ein Zuger ordinari
Bote« auf. Wie Moser zu Recht annimmt, dürfte es sich hier um eine feste Einrichtung gehandelt haben. In
Zug und Zürich unterhielt das Kloster Muri Absteigequartiere für seine Boten. Ab Ende des 17. Jahrhunderts
ergibt aus den Rechnungsbüchern, daß sich die Boten in einem festen Anstellungsverhältnis zum
Kloster Muri befanden.

Auch diese Arbeit Mosers ist eine besonders wertvolle rechtsgeschichtliche Fundgrube, wie z. B. seine
Erläuterungen zum »Botenbrot« S. 190.

Mit großer Akribie hat Moser das Botenwesen des Klosters Muri gesichtet, dessen Bedeutung und
Umfang sich aus folgenden Zahlen ergeben: Ein zeitlich gegliedertes Boten- und Läuferverzeichnis enthält
400 Botennamen, ein anderes Verzeichnis weist die rund 1800 Botengänge in der Zeit von 1095-1684 auf.
Ein sorgfältig redigiertes Orts-, Personen- und Sachregister ergänzt die sehr gelungene Arbeit.

Nürnberg Ulrich Bergemann

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