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Der schwäbische Minnesänger Hug von Werbenwag
Ob wir hie bi trurig weren,
wie gezeme uns jungen das!
Bi so wunneklichen meren
zimt uns fröide michels baß.
Ja suln wir den lüten fröide machen,
gar verswachen argen haß!
Lesehilfen:
Lies langes i in -richer, sin, schin, fri, vogellin, bi;
langes u in litte, gehuset, verkluset, trurig.
Lies ie als Zwielaut in liehter, liebe, hie.
Lies h vor Mitlaut als ch: liechter, nachtegal.
Ein e am Wortende verstummt, wenn das folgende Wort mit einem Selbstlaut beginnt: lut' erklingen,
gezemt' uns.
Ohne Rücksicht auf Rhythmus und Reim in heutigem Deutsch:
Freudenreicher, süßer Mai,
sei uns willkommen!
Schöne Blumen mancherlei
bringt uns dein heller Schein.
Du hast fürwahr die Welt gar sehr verschönt,
in deinen freien Dienst gestellt die Vögelein.
Nun hört so süß man singen
die geliebte Nachtigall,
im Walde laut erklingen
ihren wonniglichen Schall.
Dort hat sie ein gutes Sommerquartier gefunden,
ganz im Verborgenen ist ihre Unterkunft.
Wären wir bei all dem traurig,
stünde dies uns Jungen schlecht an!
Wenn so Wonnigliches geschieht,
geziemt uns Freude sehr viel mehr.
Ja, wir sollen den Leuten Freude machen,
ganz vertreiben bösen Haß!
2.
Der sumer sumerbernde kumt
mit wunne wunnekliche.
Des loubes loubet manig walt, die bluomen blüement velt.
Dü zit enzit an fröiden frumt
mit blüender blüete riche.
Die süessen döne dönent, vogel ir singen Sanges gelt.
Mit schöner grüene grüenet tal,
us röte rot da glestet.
In bruner brune purper var der meie sich nu gestet.
Hie gelwer gel, dert blawer bla,
da wisse wisser lilien schin.
Got verwet varwe vil der werke, die werk baß anderswa.
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