Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0018
Rudolf Gauger

Bevor ich das Singen lasse,

soll einer meiner Freunde der Geliebten sagen:

Da ich gute Richter finde,

will ich sie beim König verklagen,

sie habe sich meinen Dienst wohl gefallen lassen,

gewähre mir aber dafür weder Trost noch Hilfe.

Richtet der König sie nicht, wend' ich mich einfach an den Kaiser!

Ich fürchte, wir werden hart aneinander geraten,
vor welches Gericht wir auch kommen.
Sie braucht nur bei ihrem Eid zu leugnen,
daß sie sich meinen Dienst gefallen ließ,
dann muß ich kämpfen. Welche Not!

Könnt' ich sie doch nicht schlagen auf ihre Wangen und ihren roten Mund.

Doch welche Schmach auch, schlüg' eine Frau mich ohne Gegenwehr im Kampfe tot!

Achtet der König Konrad es gering,

wenn ich ihm mein Leid klage,

so bring' ich die Sache ungesäumt vor den Kaiser.

Da bekommt sie doch wohl nichts Gutes zu hören.

Wenn mir aber auch der nicht alsbald zu meinem Recht verhilft,

wend' ich mich an den jungen König aus Thüringen

oder gar an den Papst, bei dem man noch immer die Gnade des Rechtes fand.

»Lieber Freund, du zürnst so sehr,

daß du mich bei Kaiser und König verklagst

und sogar beim Papst auf meine Ehre.

Doch erreichst du mehr, wenn du nicht auf dein Recht pochst.
Nimm meine Liebe - im Rahmen des Schicklichen.
Bleib auch weiterhin in meinem Dienst.

Liebe frommt dir mehr als Recht. In meinen Gefühlen bin ich frei!«

ZUR WÜRDIGUNG DER LIEDER HUGS
Das erste Lied

Auf thematische Originalität kam es dem Minnesänger aus dem Donautal bei diesem
Willkommensgruß an den Mai gewiß nicht an. Zahlreiche ähnliche Frühlingslieder sind uns
überliefert. Doch die Freude, die sich in dem Lied ausspricht, ist echt und allgemein. Unsere
Vorfahren litten ja unter dem Winter viel mehr als wir. Auch auf Burg Werbenwag wird man im
Winter viel gefroren haben, und über dem hoch gelegenen Tal der jungen Donau muß man auf den
Frühling länger warten als anderswo. Aber im Mai zieht er auch dort ein.

Wenn es unserem Minnesänger auf thematische Originalität nicht ankam, so deutlich auf
etwas anderes: auf reine, makellose Form. Und die ist ihm gelungen.

Die drei Strophen sind genau gleich gebaut. Das mußte so sein. Das Lied wurde ja gesungen,
und jede Strophe hatte die gleiche Melodie. Schade, daß uns die Weisen der Lieder Hugs nicht
überliefert sind!

Besonders kunstvoll ist die Reimfolge, an die sich der Dichter band. Jede Strophe hat sechs
Zeilen (Verse). Die Verse Iund3,2und4sinddurch Kreuzreim aneinander gebunden, der sechste
durch ein Reimwort in seinem Innern an den fünften, durch ein Reimwort an seinem Ende an den
vierten. Den Reiz der reinen, schlackenlosen Form hat Hug von Werbenwag also verspürt.

16


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0018