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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0028
Hubert Stekeler

Brachland und dem abgeernteten Kornösch. Vor allem für die Tagwerker war die Stockfütterung
somit ein permanentes Problem, das im Ausgeliefertsein an die wenigen Großbauern
mündete.

Am 1. Juli 1822 stellten die Thalheimer Tagwerker denn auch über das Obervogteiamt
Beuron an die Fürstliche Regierung in Sigmaringen das Gesuch, neben den schon 1811
ausgestockten und an die Tagwerker verteilten Allmendweiden im Hornberg und Kälbertrieb
nun alle Allmendweiden unter die Bürger zu verteilen, so daß jeder mit seinem zugeteilten Feld
dann tun und lassen könne, was er wolle. Den Tagwerkern würde dadurch die Möglichkeit
gegeben, durch Anlegen von Wiesen oder Anbau von Unterkräutern die Stockfütterung für ihr
Rindvieh zu gewährleisten. Durch das zum Verteilen notwendige Ausstocken der Allmendweiden
würde der Gemeinde zudem ein zusätzlicher Nutzen aus dem Holzverkauf entstehen, mit
dem der größte Teil der Gemeindeschulden von 5000 Gulden getilgt werden könnte.

In seinem Bericht an die Fürstliche Regierung in Sigmaringen hält das Obervogteiamt
Beuron diesem Ersuchen der Tagwerker einige gewichtige Gründe entgegen. Da nach altem
Herkommen in Thalheim jeder Bürger eine unbeschränkte Anzahl von Vieh auf die Allmendweide
treiben könnte, sei es bisher möglich gewesen, daß manche Bürger aus der geringeren
Klasse 4 bis 5 Stück Vieh halten konnten, dies jedoch zum Schaden der anderen. Nach
Verteilung der Weiden seien die Tagwerker auf ihre eigenen Felder angewiesen, die ihnen kaum
3 Stück Vieh ernähren könnten. Der Viehbestand der Tagwerker würde sich also zwangsläufig
reduzieren, was diesen die Einnahmequelle des Viehverkaufs verbauen würde. Man sehe jedoch
seitens des Obervogtamtes auch den Vorteil, daß durch das zu erwartende Mehr an Grünfütterung
im Stall die Düngung mit Mist zunehmen werde und somit dem Feldbau Hilfe gebracht
und der Ertrag erhöht werden könnte. Weiter sei es zwar richtig, daß die Gemeinde durch den
Holzverkauf von den ausgestockten Allmendweiden einen großen Teil ihrer Schuldenlast
abbauen könnte, sie würde jedoch auch mit der Schafweideverpachtung eine merkliche jährliche
Einnahmequelle verlieren, denn wenn jeder Gutsbesitzer seine Felder nach eigener Willkür und
zu seinem besten Vorteil bebauen dürfte, müßte die Brache aufhören und wäre somit nicht mehr
als Schafweide benutzbar. Durch eine kleine jährliche Umlage auf die zu verteilenden
Allmendfelder könnte dieser Einnahmeverlust jedoch gedeckt werden.

Zu diesem finanziellen Punkt verlangte die Fürstliche Regierung Einsicht in die Rechnungsbücher
der Gemeinde Thalheim, um zu sehen, wie es eigentlich genau um die Gemeindefinanzen
bestellt sei. Das Obervogteiamt Beuron mußte bekennen, daß solche Rechnungsbücher in
Thalheim bisher nie geführt wurden: Der jeweilige Gemeinderechner mußte die Steuern und
anderen Bedürfnisse bei Öffentlicher Gemeinde ankündigen und daselbst einziehen, über die
Verwendung aber sich durch Quittung ausweisen. Wenn Holz an Wagner oder Schmied von der
Gemeinde verkauft wurde, wurde das hierfür erlöste Geld jedesmal am neuen Jahrtag zu
gleichen Teilen verteilt. Das warbishin die herkömmliche Rechnungsform bei der Gemeinde. So
wurden am letzten Neujahrstag 56 Gulden 21 Kreuzer an die Bürger verteilt. Sichtlich
ungehalten schreibt die Fürstliche Regierung an das Obervogteiamt zurück, daß man überhaupt
nicht begreifen könne, daß in Thalheim keine Gemeinderechnung geführt werde, eine solche
solle in Zukunft eingeführt werden, damit ein geordnetes Rechnungswesen möglich sei. Dem
Unfug, das vorrätige und zweckmäßiger zur Zahlung der Zinsen und Kapitalien zu verwendende
Geld unter die Bürger zu verteilen, soll künftig nicht mehr stattgegeben werden.

Für das Rechnungsjahr 1824/25 finden wir denn auch die ersten Rechnungsbücher im
Gemeindearchiv. Durch die Frage der Allmendverteilung gelangte Thalheim somit - mehr oder
weniger zufällig - zu einer rechtmäßigen Rechnungsführung und verlor damit aber auch seinen
althergekommenen Jahrtag am Neujahrstag, an dem vor der ganzen Gemeinde Rechenschaft für
das vergangene Jahr abgelegt wurde, sowie über Zukunftsprojekte abgestimmt wurde. Ein
Stück demokratisches Handeln in vollkommener Reinheit also, das in unserer heutigen
Demokratie in dieser Form nur in wenigen Ausnahmefällen möglich ist.

Zurück zur Allmendverteilung ist festzustellen, daß das Obervogteiamt Beuron in seinem

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