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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0030
Hubert Stekeler

das einzugehende Risiko. Die Mehrzahl der Tagwerker sah die Chance, ihren geringen
Feldbesitz durch die Allmendverteilung zu verdoppeln und dadurch endlich ihr Geschick und
Fortkommen eigenverantwortlich in die eigenen Hände nehmen zu können. In dem Hoffnungsschimmer
der einen sahen manche andere das Aufziehen von Gewitterwolken über ihrem
Besitzstand und Privilegien. Vor allem den Doppelbauern und größeren einfachen Bauern
konnte die Entscheidung nicht leichtfallen. Sie konnten das ihnen erwachsende Grünlanddefizit
unmöglich durch die Allmendteile kompensieren. Der Nutzen der Bauern aus der Allmendweideverteilung
war also ungleich geringer als der der Tagwerker.

Der größte Konfliktpunkt entstand aber erst aus der Frage nach der Neuregelung der
Wuchertierhaltung (Farrenhaltung). Da die Bauern als einzige im Dorfe eigene Wiesen besaßen,
war es bis ins Jahr 1811 üblich, daß die Bauern die Wucherrinder in ihrem Stall hielten und
fütterten. Welcher der Doppelbauern oder größeren Bauern die Wucherrinder jeweils unterstellte
und verpflegte, war ihrer Regelung überlassen. Festzustellen ist jedoch, daß diese
Wucherrinder der Gemeinde gehörten und zur freien Benützung für die Gemeinde zur
Verfügung stehen mußten. Die Wiesen der Bauern waren ursprünglich alle einmahdig, das heißt
die Wiese gehörte dem Bauern nur bis zum ersten Schnitt (Heu). Danach wurden diese Wiesen
zur Allmendweide, die alle beweiden durften. Als Ausgleich für die Wucherrindhaltung durften
die Bauern nun nach dem ersten Schnitt noch 2 bis 3 Mannsmahden (ca. 2 Hektar) aböhmden.
Die übrigen Wiesen wurden weiterhin von der Gemeinde beweidet. Im Jahre 1811 drängten die
Bauern nun auf das Aböhmden ihrer sämtlichen Wiesen. Die Gemeinde sollte also bis nach dem
zweiten Schnitt von den Bauernwiesen ganz ferngehalten werden. Dieses Ohmdrecht wurde
den Bauern auch damals auf neun Jahre vertraglich gewährt. Die Bauern verzichteten als
Gegenleistung auf den Viehtrieb auf die Allmendweide im Hornberg und Kälbertrieb, die unter
die übrige Gemeinde verteilt wurde.

Nach Ablauf der neun Jahre besann sich die Gemeinde 1820 wiederum auf das alte
Herkommen der Einmähdigkeit der Bauernwiesen. Sie wollte das Recht auf die Beweidung der
Bauernwiesen nunmehr nicht länger bis nach dem zweiten Schnitt aufgeben. So wurde 1820 mit
den Bauern ein neuer Vertrag ausgehandelt, der noch beide Teile zufriedenstellen konnte. Die
Bauernwiesen wurden nun in einmähdige und zweimähdige Wiesen eingeteilt. Die einmähdigen
Wiesen durften die Bauern bis Mariä Geburt (8. September), die zweimähdigen bis Michaelis
(29. September) durch Mähen oder Beweidung selbst nutzen. Danach standen sie jeweils wieder
allen Bürgern offen. Der zeitliche Unterschied bedeutete, daß den Bauern bei den einmähdigen
Wiesen wohl nur ein richtiger Schnitt, bei den zweimähdigen jedoch zwei Schnitte möglich
waren. Die Bauern mußten nun für diese Zugeständnisse auf 15 Jahre weiterhin die Wucherrinder
unentgeltlich unterhalten.

Die Bauern waren nun der Ansicht, daß, wenn durch die beabsichtigte Allmendverteilung
jeder andere Bürger seine Güter benützen und bebauen könne wie er wolle, so müßte doch auch
das Allmendweidrecht nach Mariä Geburt bzw. Michaelis auf ihren Wiesen aufgehoben
werden. Die Gemeinde sah die Dinge anders. Sie wollte den 1820 auf 15Jahre geschlossenen
Vertrag erfüllt wissen. An diesem Punkt erreichten die Streitigkeiten im Dorfe wohl ihren
Höhepunkt. Vogt Matthäus Stekeler beklagt sich in einem Brief an den Obervogt in Beuron
bitterlich über einen Teil der Bauern, der bei öffentlich gehaltener Gemeind (Bürgerversammlung
) zum Thema der Wucherrindhaltung ihn und die übrige Bürgerschaft mit Schelme und
verbotene Hunde beschimpft hätten. Auch hätten diese Bauern die Versammlung gestört,
indem sie Wortmeldungen von Bürgern mit lautem Spott und Hohn begleitet hätten.

Trotz aller Störmanöver war die Allmendverteilung im Frühjahr 1825 perfekt. Nachdem
man im Oktober 1824 noch gegen die Verteilung eingestellt war, genehmigte die Fürstliche
Landesregierung in Sigmaringen mit dem Erlaß Nr. 1080 vom 11. April 18253 die Allmendverteilung
zu folgenden Bedingungen:

3 Staatsarchiv Sigmaringen (künftig zit. StAS), Ho 203 Nr. 36.

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