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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0045
Eine katholisch-jüdische Ehe in Hechingen im 16. Jahrhundert

vnnd verpunden sein solle. Im März des Jahres 1565 hatten sich beide von Tisch und Bett
getrennt. Inzwischen war Henlin schon 13 Monate von Ime Verstössen vnnd gegen Ime
onuertragen12. Er war ihr somit bereits 195 Gulden schuldig geworden. Das Unheil nahm
seinen Lauf.

Karle Schweickhart wurde im Frühjahr des Jahres 1566 auf Verlangen seines Schwiegersohns
Raphael ben David in Günzburg gefangengesetzt. Zunächst verglichen sich Schwiegersohn
und Schwiegervater wegen dessen Schulden vor dem Rat der Stadt, wobei Raphael von
seinem Vater, Rabbi David zu Sulzberg, vertreten wurde. Sie vereinbarten, daß Karle
Schweickhart seinem Schwiegersohn (oder dessen Anwalt) alle hebräischen Bücher herausgeben
und zustellen solle, die er in Hechingen in der Synagoge oder in seiner Behausung verwahre,
ausgenommen die viervndzwaintzig Buecher Moysyu vnd Rabina Mosse, den man nennet
Mamune H, und fünf kleine Büchlein. Die dem Schwiegersohn zugehörigen Bücher hatten einen
Wert von 100 Gulden in Münzen. Falls Karle Schweickhart die Bücher nicht mehr auftreiben
konnte, mußte er statt dessen seinem Schwiegersohn für 100 Gulden Silbergeschirr zustellen,
dessen Wert unparteiische Männer schätzen sollten. Des weiteren standen Raphael 200 Gulden
zu, die er von den Schuldnern seines Schwiegervaters in der Grafschaft Zollern eintreiben
durfte, bis er mit seiner Forderung befriedigt war. Raphael beanspruchte auch sechzig Gulden
an Zinsen, die Karle Schweickhart nach seinen eigenen Angaben aus dem Kapital gezogen hatte.
Diese Abmachung wurde unter dem Vorbehalt getroffen, daß Graf Karl von Hohenzollern
(1558-1576) den Vertragsvereinbarungen zustimme; alsdann sollte Karle Schweickhart wieder
aus der Haft entlassen werden. Andernfalls bliebe Karle Schweickhart in Gewahrsam. An diese
Vereinbarung wollten sich beide Parteien halten und versprachen dies vor dem ehrsamen Rat
der Stadt Günzburg.

Auf Befehl des Grafen Karl von Hohenzollern, Sigmaringen und Veringen, Herrn zu
Haigerloch und Wehrstein, des heiligen römischen Reichs Erbkämmerer und Hauptmann der
Herrschaft Hohenberg, fanden sich zudem Karle Schweickhart und Henlin vor dem Stattaman,
Burgermaister und Rath der Statt Guntzburg am letzten Tag des Monats April 1566 ein, damit
auch Henlin mit ihren Forderungen zufriedengestellt und von Karle Schweickhart genntzlich
gesinndert werden möchte. Warum war dazu gleichfalls die Stadt Günzburg ausersehen
worden? Möglicherweise befand sich dort ein des jüdischen Rechts Kundiger, der es ermöglichte
, daß sy zu baiden thailen zu Ru, Frid vnnd Ainigkhait kommen möchten. Jedenfalls
versprachen Karle Schweickhart und Henlin, den Schiedsspruch der Günzburger anzuerkennen
, worauf sich das dortige Stadtgericht der Hanndlung guttwillig annahm. Die Verhandlung
fand im Rathaus statt.

Die Forderungen, die Henlin ihrem Ehemann gegenüber stellte, waren umfangreich.
Aufgrund des Ehevertrags, im Vergleichbrief Heyrat Nottell genannt, standen ihr zu:
500 Gulden Heiratsgut, 425 Gulden Morgengabe, 195 Gulden Unterhaltsgeld. Dazu kamen
noch 300 Gulden ausgeschafften gellts, das ihr Karle Schweickhart verbrieft hatte. Thutt allso
dise Summa ... Summarie Taussent Vierhundert vnd Zwaintzig guldin, so Er Ir an barem gellt
onwidersprechenlich zubezalen schuldig sein wurde. Karle Schweickhart gab zu erkennen, daß
es Ime nit wol muglich, sein gewesne Hausfrawenn mit barem gellt zubezalen. Deshalb
verglichen sie sich und vereinbarten, daß er sein Behawsung zu Hechingen gelegen ihr mit allen
Rechten und Zugehörigkeiten aigenthumblich eingeanntwurt vnnd übergeben Hatt, worüber
ihr ein besiegelter Kaufbrief ausgehändigt werden sollte. Karle Schweickhart stellte dabei die
Bedingung, daß Steffan Lindenfells15, Burger zu Rottemburg am Neckher, das Vorkaufsrecht
haben sollte. Falls diesem die Behausung nicht zusage, sollte sie Henlin als Eigentum gehören,

12 Noch nicht durch einen Vertrag verglichen.

13 Gemeint ist der Tanach, die 24 Bücher der hebräischen Bibel.

14 Gemeint ist Mose ben Maimon (Maimonides) (1135-1204).

15 Ein Stephan Lindenfels ist in der Chronik der Stadt Hechingen (Hechingen 1906, S. 340) im Jahr 1559
als Untervogt aufgeführt.

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