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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0056
Manuel Werner

IX. DAS KULTUSPERSONAL

Bereits in früher Zeit unterscheidet man zwischen dem Vorsteher der Synagoge weiter, den
Rabbinen bzw. Rabbinern (die eigentlich kein festes Synagogenamt innehaben) und dem
Dienstpersonal mit verschiedenen Funktionen. Je nach Größe und Bedeutung der Gemeinde
entstand eine wachsende Zahl von Ämtern: Vorsänger oder -beter (Chazzan), Richter (Dajjan),
Synagogendiener (Shamash), Schächter (Shochet) usw. Verschiedene traditionell mit der
Synagoge verbundene Funktionen (z.B. Krankenpflege, Armenfürsorge, Beerdigungen, Lehrtätigkeit
) begannen sich zu verselbständigen.

Wohl zu unterscheiden von den Rabbinern (die nach einer Ausbildung eher für die interne
Rechtssprechung zuständig sind), sind die Priester, die Angehörigen des Priesteradels489. Das
Amt des Priesters, der die Opfer im Tempel darzubringen hatte, und der Leviten, die mit dem
Tempeldienst beauftragt waren490, erlosch mit der Zerstörung des Tempels491. Bestimmte
Privilegien und Vorschriften blieben bei toratreuen Juden jedoch bis heute in Kraft492. So hat ein
Kohen (Priester) das Vorrecht, als erster zur Verlesung der Tora in der Synagoge aufgerufen zu
werden, er darf an bestimmten Feiertagen den Priestersegen erteilen493, er darf keinen Toten
berühren und keinen Friedhof betreten494, für ihn gelten strengere Ehegesetze usw. Wird ein
Kohen in der Synagoge aufgerufen, kommt zu seinem Namen495 stets der Titel Hakohen hinzu.
Dieser Zusatz steht auch in Urkunden, Registern und auf Grabsteinen. Das gleiche gilt für die
Nachkommen der Leviten (Zusatz: Halevi). Für die Leviten und die Nachkommen Aarons, die
Kohanim, steht die reine, direkte Abstammung aus dem Stamme Levis bzw. vom Hohenpriester
Aaron über jeden Zweifel fest. Priester (oder Levit) ist man also von Geburt an, während das
Amt des Rabbiners erworben wird496.

Der synagogale Gottesdienst selbst wurde in der Antike durch den ursprünglich nicht
amtsgebundenen Shaliach tzibbur (Abgesandter der Gemeinde) oder Chazzan geleitet, der aber
bald zum eigentlichen Träger der gottesdienstlichen Handlung wurde. Prinzipiell kann eine
jüdische Gemeinde wegen ihres individualistischen Verständnisses des Gegenüberstehens von
Gott und Mensch auch ohne hauptamtlichen Vorbeter (oder Rabbiner) auskommen und den
Synagogengottesdienst abhalten. Wenn ein Chazzan (oder - seltener - ein Rabbiner) den
Gottesdienst leitet, fungiert er weniger als Mittler zwischen Gemeinde und Gott, sondern hat
eher eine ordnende Funktion für den Ablauf der gottesdienstlichen Handlung. Eine israelitische
Gemeinde hat also keinen Amtsträger wie die christlichen Kirchengemeinden, der einem Pfarrer
vergleichbar wäre497.

489 Traditionell ist das jüdische Volk in Priester, Leviten und Israeliten gegliedert. Diese Stände sind
erblich.

490 Häufiges Motiv auf Grabsteinen von Abkömmlingen des Stammes Levi: Levitenkanne und -Schüssel.
(Aufgabe der Leviten war u.a. die symbolische Reinigung der Priesterhände).

491 Der durch die Rückkehrer aus babylonischer Gefangenschaft wieder aufgebaute und unter Herodes
dem Großen erneuerte Tempel wurde im Jahre 70 der christlichen Zeitrechnung von den Römern zerstört.

492 Das Reformjudentum hingegen lehnt eine spezielle Priestergesetzgebung ab.

493 Vgl. Num 6, 22-27. Die Darstellung der beiden segnenden Hände befindet sich oft auf Grabsteinen
von Angehörigen des Priesteradels (Priester vom Stamme Aaron).

494 Ausnahme: nächste Familienangehörige.

495 Häufige Namen von Angehörigen des Priesteradels waren hier in der Umgebung: Kohen, Kohn,
Rahen, Kahn, Katz, Aaron.

496 Siehe hierzu auch Kapitel X. Kult und rituelle Formen unter 3. Synagogenordnung.

497 Vgl. F, S. 56 f. und KLJ, S. 19 und 287. - Der synagogale Gottesdienst ist eine Gemeinschaftsveranstaltung
, kein Ein-Mann-Betrieb wie der herkömmliche evangelische Gottesdienst. Erst recht nicht ist er der
katholischen Messe gleichzusetzen, die der Priester auch alleine lesen kann.

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