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Manuel Werner

also für die israelitische Gemeinde die jüdischen Ritualgesetze. Die Gerichtsbarkeit darüber
übte der von herrschaftlichen Abgaben befreite Gemeinderabbiner aus502. »Im Übrigen war für
bürgerliche und peinliche Sachen nicht das Stadtgericht, sondern die Kanzlei zuständig, da die
Juden der bürgerlichen Stadtgemeinde nicht angehörten. Die äußeren Angelegenheiten der
Judengemeinde, insbesondere auch die Anzeige strafbarer Dinge an die Kanzlei, besorgte der
Judenschultheiß, der vom Fürsten ernannt, und ein Unterschultheiß, der aus einigen tüchtigen,
durch die Juden präsentirten Subjekten vom Fürsten gewählt wurde'5W.

Am 25. August 1806 ließ der Fürst den Israeliten eröffnen, daß der im Schutzbrief von 1798
erwähnte rabbinische Gerichtszwang sich auf Religions- und Zeremonialgesetze beschränke,
im übrigen aber unterstünden sie der Fürstlichen Hofratskanzlei. Hinsichtlich des Güterrechts
würden sie dem Gemeinen Recht unterliegen504. Im Jahre 1818 wurde unter Fürst Friedrich
Hermann Otto (1810-1838) die rabbinische Gerichtsbarkeit ganz aufgehoben505. Freilich blieb
innerhalb der israelitischen Gemeinde das mosaische Recht trotzdem in unbestrittener Anwendung
. Insbesondere bildete es die Grundlage für die regelmäßig geschlossenen Eheverträge, für
die letztwilligen Verfügungen und für die Schlichtung von Streitfällen. Die deutschrechtliche
Gütergemeinschaft fand bei den Juden keinen Eingang, die Unterwerfung des israelitischen
Familien- und Erbrechts unter das allgemeine Landesrecht blieb ohne Einfluß auf das
Privatrecht506. Diese sehr beschränkte Selbstverwaltung bezog sich lediglich auf religiöse und
kultische Gesetzesvorschriften, Sitten und Gebräuche507.

Die besondere Situation des letzten Rabbiners
im Hechingen des 19.Jahrhunderts

Während die vorherigen Rabbiner eher traditionell orientiert waren, sah der letzte Rabbiner
von Hechingen, Dr. Samuel Mayer (ein Verfechter des Reformjudentums), eine seiner
Hauptaufgaben darin, für Rabbiner und israelitische Gemeinden sowohl staatsbürgerliche
Emanzipation als auch kirchenrechtliche Gleichstellung zu erringen. Um seiner Tätigkeit in
dem um 1830 erbauten Schul- und Gemeindehaus eine gesetzliche Grundlage zu verschaffen,
bewirkte er beispielsweise die Einführung einer Schulordnung nach den Bestimmungen der
allgemeinen Schulordnung für Hohenzollern-Hechingen von 1833. Diese spezielle Schulordnung
erschien auf dem Wege einer Regierungsverordnung vom 23. April 1836. In ihr wird, der
Intention Mayers folgend, jedesmal das Wort »Rabbiner« genannt, wo in der allgemeinen
Schulordnung der Pfarrer in seiner Stellung zur Ortsschule genannt ist.

Samuel Mayer hatte nach den Vorschriften der Schulordnung folgende Funktionen und
Pflichten508:

1. Er nahm die bisher üblichen Rabbinatsfunktionen wahr.

2. Er war Prediger und Katechet, während noch in vielen Gemeinden die Religions-Vorträge
und Katechisationen den zu diesem Behufe besonders ernannten Religionslehrern übertragen
blieben.

3. Er war Präses des Kirchen-Vorstandes, der die Leitung der Synagogen- und Religions-
Angelegenheiten ausübte, während z.B. im Großherzogtum Baden die Rabbiner von der
Teilnahme an den Geschäften des Synagogen-Vorstandes ausgeschlossen, in Württemberg
dagegen sie auch mit der Führung der ökonomischen Gemeinde-Angelegenheiten beauftragt

502 Vgl. C, S. 211.

503 Ebd., S. 208.

504 Vgl. ChH II, S.227.

505 Ebd., S. 234.

506 Vgl. C,S. 211 f.

507 Vgl. ZHG, S. 39-40. Siehe auch Abschnitt a) Gemeinderabbiner unter R. Löb Aach (Copia, StAS
Hol, 46 C II 6f. Nr.9, Paket 359) und M, Sp.538f. (Vertragsbestimmung, Ziffer6).

508 Vgl. M, Sp. 542.

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