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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0110
Manuel Werner

Verdächtiges erkaufet, sondern bei erscheinendem Verdacht alsbald bei der Kanzley die
Anzeige gemacht werden«749.

In den Stadtgerichtsprotokollen von 1807 bis 1818 finden sich trotzdem Notizen über
Juden, die solche nichtseßhaften Betteljuden bei sich übernachten ließen. Am 17. Februar 1809
wurde folgender Vorfall festgehalten:

Policeyverordnung betreffend:

Der Judenwirth Raphael Bernheim hat gegen das Polkey-Werbott einem fremden Juden
mehrere Tage unterschlauf gegeben, ohne bei dem Policeyamt die schuldige Anzeig zu machen.
Der Jud entschuldiget sein vergehen dahin, daß er diesen Juden nicht beherberget, sondern
demselben nur die Kost abgereicht habe. Dieser Jud habe in des Moyses Abrahams Behausung
sich gröstentheils aufgehalten und auch daselbst geschlafen. Bei solcher Sache Bewantsame kan
man den Judenwirth zu keiner Straf ziehen, jedoch hat man demselben die Wahmung
wiederholt eingeschärfft, daß wan er in Zukunfft einen solchen fremden Juden in die Kost
übernehme, er hievon die Anzeige beim Policeyamt bei 10 Heller Straf zu machen habe, wo es
sich ohne hin verstehet, daß die diesfaisige Anzeige von dero fremden bei obbemelter Straf von
obbemelten Juden geschehen solle750.

Und in den Akten vom 15. September 1809 ist zu lesen:

Einthurmung

Der Sohn der hier im JudenarmenHauß etablierten Lew Isacs Witib hat den letzthin verhafteten
Vaganten Franz Hait am Donnerstag übernacht beherbergt und dem Policeydiener den
aufenthalt verlaignet. Wie er nun heünte zur Verantwortung gezogen worden, hat er in den
gröbsten, und respectwiderigen Ausdrücken sich geäußert, daß er dem Policeydiener über die
Beherbergung der Juden keine Rechenschaft zu geben schuldig seye. Man hat diesem Purschen
die wiederholte Policeyamtliche Verordnung und Verbott, das kein fremder Betteljud über
24 Stund, ausser er komme am Vorabend am Sabath, beherbergt werden solte, bei 10
Reichsthaler Straf eingescherpft, worüber er aber sich erklärt hat, daß er keine Vorschriften vom
Policeyamt annehme. Auf welche impertination der Jud eingeturmt worden751.

Für die damals zahlreichen heimatlos umherziehenden Juden unterhielt die israelitische
Gemeinde eine Herberge zunächst in der Friedrichstraße, dann im »Hudelgäu« (Schadenweiler
) 752. Die letzte Schlafstatt für die »Gäste« befand sich im Hudelgäu in der Unterstadt, genauer
in dem Eppsteinschen Hause an der Starzelbrücke753. Noch während des Dritten Reichs
wohnte die jüdische Familie Eppstein in diesem Haus in der Schadenweilerstraße 56754.

Um 1818 wurde in Süddeutschland versucht, die Betteljuden ansässig zu machen. Man wies
sie ihrem Geburtsort oder - wenn dieser nicht bekannt war - dem Ort ihrer Verheiratung als
Mitglieder zu. Beispielsweise war der Jude Moses Philipp in Hechingen geboren und hatte sich
in Breisach verheiratet. Er fiel also der Judengemeinde Hechingen zu. Der Vorsteher verweigerte
aber die Herausgabe des Beschneidungsbuches, und somit konnte die Geburt in Hechingen
nicht festgestellt werden. Daraufhin wurde Moses Philipp drei Jahre lang hin- und hergeschoben
, bis die Kanzlei die Einsichtnahme in das Buch erzwang und den Moses Philipp der

749 C,S. 222.

750 Actum 17. Febr. 1809 der Stadtgerichtsprotokolle (1807-1818), Folio A 16. Lagerort: SAH.

751 Actum 15. September 1809 der Stadtgerichtsprotokolle (1807-1818), Folio A 16. Lagerort: SAH.

752 Vgl. S, S. 92.

753 Vgl. C, S. 223. - Gemeint ist die Ankerbrücke.

754 Vgl. Otto Werner, Verzeichnis jüdischer Einwohner in Hechingen 1933-1945. Hechingen 1982.
Lagerort: HHBH und StAS. - Jetzt andere Straßennumerierung (Schadenweilerstraße 88).

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