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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0118
Manuel Werner

Die Bedeutung des Eides

An einem konkreten Fall läßt sich nachweisen, welch große Bedeutung die Juden dem Eid
beimaßen. Am 10. Oktober 1803 ordnete Fürst Hermann Friedrich Otto von Hohenzollern-
Hechingen an, den-Rabbiner und die Vorsteher der Judenschaft eidlich zu Vernemen, weil ihm
zu Ohren gekommen war, das Handlungshaus Kauila habe eine Stiftung zur Unterrichtung
junger Juden eingerichtet und dafür Lehrer ohne die fürstliche Genehmigung angestellt. Mayer
Kaulla, der Sohn der Madame Kaulla, sagte bei seiner Vernehmung am 10. Oktober 1803 vor der
Fürstlichen Kanzlei -....und seye auch dieses die reine Wahrheit, worüber er stündlich einen Eid
abschwören könnte, wenn es nach seinen Religionsgrundsätzen ihm erlaubt wäre, da es
überhaupt bekannt seye, was nach seiner Religion der Eid für eine große Sache seye, und daß nur
in den äussersten Fällen derselbe zu gebrauchen, und es zudem noch Pflicht seye, wenn die Sache
noch auf eine andere art vermittelt werden könne, solche zu vermitteln anstatt schwören zu
lassen. Isaac Emanuel Levi führte zum selben Sachverhalt aus: Wegen dem Eide hoffe er, daß
man ihn verschonen werde, in dem er schon als Juden Vorsteher Kraft seines amtes verpflichtet
seye, die Wahrheit anzugeben, und er um eine große Summe sich nicht verstehen würde, einen
Eid zu schwören, da nach seiner Religion dieses eine sehr schwere Sache sey. Am 14. Oktober
wurde Rabbiner Lob Aach vernommen. Auch er wehrte sich gegen eine Eidesleistung und
machte geltend: Was aber den ihme abverlangten Eid anbelange, so müsse er hierauf erklären,
daß er bereits bei seiner Anstellung von Hochfürstlicher Regierung beeidigt worden sei, daß also
jede Aussage, die er Amts halber mache, schon unter diesem Eid begriffen wäre, er also
unmöglich gebunden sein könne, einen überflüssigen Eid zu schwöhren, welches bekannter
Maßen in dem Gesez Moßes verbothen sei797.

8. Schächten (Shechitah)™

Für das Schlachten von Tieren und das Verzehren von Fleisch gab es feste Regeln. Zunächst
wurde zwischen erlaubten und verbotenen Tieren unterschieden. Beim Schlachten sollte den
Tieren kein unnötiger Schmerz zugefügt werden. Deshalb war im Judentum eine besondere Art
des Schlachtens entwickelt worden (Schächten). Der Schächter mußte diese Praxis beherrschen.
Weiter mußte er die Tiere vor dem Schlachten prüfen und feststellen, ob sie zur Nahrung
geeignet waren oder Fehler aufwiesen, die den Verzehr ausschlössen. Ein Rabbiner oder
Rabbinatsgericht entschied, ob jemand als Schächter qualifiziert war. Nach dem Schächten
erfolgte die Fleischbeschau. Anschließend mußte das Fleisch noch zum Verzehr geeignet
(koscher) gemacht werden: Das im Fleisch enthaltene Blut, ein Teil des tierischen Fetts und die
Spannader, die über die Hüftpfanne läuft, war möglichst zu entfernen. Die jüdische Hausfrau
mußte die Nahrung dann nach den Speisegeboten zubereiten799.

Für diese besondere Art des Schlachtens und der Fleischzubereitung hatte die Hechinger
jüdische Bevölkerung an die fürstliche Rentei sogenannte Schachtabgaben zu bezahlen. Ein
Auszug aus der fürstlichen Renteirechnung von 1754 lautet: Inhaltlich des Schutzbriefs de dato
29. März 1754 haben die Juden in der friedlich Straßen wegen dem ihnen erlaubten Schächten
alljährlich aufJacobi zur Hochfürstl. Rennteizu bezahlen 60 f., welches auch in dem Schutzbrief
von 1775 bestättiget worden ist.

§ 24 des Schutzbriefs von 1775 sicherte den Juden die jährliche Schächtung eines Stieres oder
Rindes zu: Jedem Schuzjuden wird zugestanden, jährlich für sich und seine Haushaltung einen
Stier oder Rind wie bisher zu mezgen.

797 Lagerort der Quellen: StAS Ho 6 Zettelrepertorium Akten Nr. 403. Siehe auch Kapitel VI. Die
Hechinger Juden, Abschnitt d) Exkurs: Die Rolle der Kaullas und Kapitel XI. Vereinigungen religiösen
Charakters, Abschnitt 3. Schulwesen.

798 Siehe Kapitel IX. Das Kultuspersonal unter 4. Schächter.

799 Vgl. F,S. 153 ff.

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