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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0121
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

den israelitischen Riten gemäß vorzubereiten, so daß auch die Sorge für den Toten nicht allein
seiner Familie obliegt. Seit jeher sind dafür fromme Vereinigungen zuständig, die den Namen
Chewra Kadischa führen. Übersetzt bedeutet dies ungefähr Heilige Vereinigung, offizieller
jedoch Beerdigungsbruderschaft. Manchmal ist dieser Einrichtung auch eine Bestattungsvereinigung
angeschlossen, die die Beerdigungskosten aus den Mitgliedsbeiträgen deckt811.

Wenn man die Angaben in den Statuten für den israelitischen Männer-Verein Chefra
Kadischa in Hechingen von 1893 heranzieht, so ist die älteste in Hechingen nachweisbare
Bruderschaft eine seit 1773 organisierte Chewra Kadischa. Wahrscheinlich reichen die Einrichtungen
- ohne gerade fest geordnet gewesen zu sein - viel weiter zurück812. In dem von Rabbiner
Mayer im Jahre 1844 verfaßten Artikel über die Geschichte der Israeliten in Hohenzollern-
Hechingen813 wird als Gründungsjahr 1776 angegeben, ebenso in der Encyclopaediajudaica814.
Als Schreibweisen treten auf: Chehra kadischa (PL: Chebroth) im Jahre 1841, Chefra Kadischa
(PI.: Chefros) 1893, Chewra Kadischa im Jahre 1931. Diese Beerdigungsbruderschaft, die sich
Krankenpflege815, Totenbestattung und Armenunterstützung zur Aufgabe gestellt hatte,
bildete sich am 30. Mai 1841 zu einer Kranken- und Beerdigungsanstalt um. Rabbiner Mayer
schreibt, daß die Mitglieder dieser Bruderschaft »zum Theil hochbejahrte Männer« waren,
»welchen die Besorgung der dieser Gesellschaft oblegenen Dienstverrichtungen zu mühevoll
wurden. Die Bruderschaft besteht zwar noch rücksichtlich der Lektionen, an ihren Obliegenheiten
aber haben sämmtliche Gemeinde-Mitglieder Antheil zu nehmen.« Auch merkt er an,
daß die Mitglieder hier wie in allen Gemeinden den freien Reichsstädtern glichen, »die auf ihre
Privilegien und Monopole sehr eifersüchtig waren«816. Die Vorsteher und der Ausschuß der
Bruderschaft beantragten bei der israelitischen Deputation mit Schreiben vom 15. April 1841,
daß sämtliche Mitglieder der israelitischen Gemeinde verpflichtet werden, sowohl die Wache bei
den Kranken als auch das Begleiten und Tragen der Leichen der Reihe nach zu versehen oder
sonst irgend ein anderes Mittel aufzufinden, wodurch dem genannten Mangel abgeholfen
werde*17. Als Begründung wird angegeben, daß die Bruderschaft größtenteils aus alten
Männern besteht, in dem in einem Zeitraum von 10 Jahren wenig junge Männer und Jünglinge
sich in der Bruderschaft aufnehmen ließen, da ferner der größere Teil der jüngeren Mitglieder
häufig auf den Handel abwesend sind, wenn sich gerade ein Leichenbegräbniß ereignet, und der
größere Theil der Gemeinde Mitglieder, welche nicht in dieser Bruderschaft sind, die Leiche
nicht auf den Todesacker begleiten, so daß Mangelan Träger und Begleiter der Leichen entsteht,
was sich im Laufe dieses Winters schon einigemal ereignete. So ist genannte Bruderschaft nicht
mehr im Stande, die Funktion des Wachens bei den Kranken so wie die der Leichenbegangniße
allein versehen zu lassen, ...818.

Die daraufhin 1841 gebildete und von der fürstlichen Regierung am 29. November 1841
genehmigte Gemeindeanstalt (Kranken- und Beerdigungsanstalt) wurde von einer Kommission
geleitet, die aus den jeweiligen Vorstehern der Chebroth und zwei aus der Mitte des
Gemeindevorstands gewählten Vertretern bestand (§23). Eine weitere Funktion hatte der
Diener der Bruderschaft inne, der entschied, ob das Wachen bei Kranken notwendig sei (§ 1).
Grundsätzlich wurde zwischen Männern und Frauen unterschieden, welche Mitglieder der
Chebra kadischa und der Frauen Chebrasind(% 10). Die Männer übernahmen die Nachtwachen

811 Vgl. JRS, S. 253 ff.

812 Statuten für den israelitischen Männer-Verein Chefra Kadischa in Hechingen. Hechingen, 15. Februar
1893. Lagerort: HHBH, R.2III.

813 M, Spalte 570.

814 8. Band. 1931, Spalte 175.

815 Wohl Krankenbesuch.

816 M, Spalte 570.

817 Lageron: StAS Ho 6 Zettelrepertorium Akten Nr. 316.

818 Ebd.

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