Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0122
Manuel Werner

bei Männern, Jünglingen und Knaben, die Frauen bei Weibern und Mädchen (§2); die in der
Friedrichstraße wohnenden Mitglieder übernahmen das Wachen dort. Hierfür wurden nach
einem durch Los aufgestellten Verzeichnis jeweils zwei Wächter bestimmt. Zu den weiteren
Diensten gehörten das Wachen am Tage, die Reinigung der Leichen und das Bewachen der
Leichen. Zur Begleitung der Leichen (Personen ab dem dritten Lebensjahr) bis zum herrschaftlichen
Spital waren alle Männer der Gemeinde verpflichtet; eine - nach einem Verzeichnis
festgelegte - Abteilung hatte die Leiche bis zum Gottesacker zu begleiten. Die Befreiung von
den einzelnen Diensten war genau geregelt. So waren Personen über achtzig Jahre von den
Nachtwachen, über sechzig Jahre von der Begleitung der Leiche befreit. Unter bestimmten
Auflagen konnten Mitglieder sich vertreten lassen. Wie aus §22 der Statuten von 1841
hervorgeht, hatte die Chebra kadischa eine ihr eigenthümlich zugehörige Gesetzesrolle (Thora),
die jedem Leidtragenden (auch Nichtmitgliedern) in der Trauerwoche ins Haus geschickt
wurde, wobei Bruderschaftsmitglieder den Vorrang hatten819. - 1872 ergab sich insofern eine
Änderung in den Statuten, als auch die Leichen von Kindern im Alter von vier Wochen bis zu
drei Jahren von den Männern (mit Einschluß des Rabbiners) bis zum Spital begleitet wurden 82°.

Nach dem Tode von Rabbiner Dr. Mayer scheinen sich aus der Gemeindeanstalt wieder
selbständige Chefros gebildet zu haben. In der Generalversammlung der Chefra Kadischa 1893,
bei der die Statuten eines Männervereins Chefra Kadischa angenommen wurden, wird darauf
verwiesen, daß der Verein in enger Beziehung zum Gemeindevorstand gestanden habe, so daß
zwei Mitglieder desselben stets dem Gemeindevorstand coordiniert waren. In den letzten
10Jahren ist dies ohne irgend welche Gründe außer Acht gelassen worden.

Aus dem Jahre 1893 liegen uns die Statuten für den israelitischen Männer-Verein Chefra
Kadischa in Hechingen vor821, aus dem Jahre 1906 die Statuten des Frauenvereins der
israelitischen Gemeinde Hechingen822. Aus der 1841 gebildeten Gemeindeanstalt hatten sich
demnach (entsprechend den damals getrennten Chebroth) wieder nach Geschlechtern getrennte
Vereine gebildet.

Der Männer-Verein Chefra Kadischa wendete sich nun auch wieder der Armenunterstützung
zu, wobei auch Auswärtige betreut werden konnten. Nach der Beerdigung versammelten
sich, falls dies gewünscht wurde, zehn Mitglieder im Trauerhause823, wo der diensttuende
Kultusbeamte einen religiösen Vortrag hielt. Der Vorstand bestand aus vier Mitgliedern: einem
Vorsitzenden, dessen Stellvertreter, einem Kassenführer und einem Schatzmeister. Dieser
Vorstand wählte aus den Mitgliedern des Vereins einen Sekretär (Schriftführer). Die Mitglieder
waren nach wie vor verpflichtet, beim Aufrufen zur Tora in die Chebra zu schnudern (geringste
Spende: 25 Pfennige). Wer dieser Verpflichtung nicht nachkam, hatte am Ende des Rechnungsjahres
einen Beitrag von 4 Mark in die Chefra-Kadischa-Kzsse zu entrichten. Für den Fall einer
Auflösung des Vereins war Vorsorge getroffen: Bei Absinken der Mitgliederzahl auf zehn sollte
das Vermögen dem jeweiligen Vorstand der israelitischen Gemeinde zur Verwaltung übergeben
werden. Der Gemeindevorstand war verpflichtet, den Vermögensstand ungeteilt als Chefra-
Kadischa-Stiftung zu verwalten, und die Erträgnisse... ausschließlich nur für Zwecke der
Krankenpflege, des Todtenbestattungswesens und der Almosenpflege in hiesiger Gemeinde zu

819 Siehe Statuten der israelitischen Kranken- und Beerdigungsanstalt vom 30. Mai 1841. Lagerort: StAS
Ho 6 Nr. 316.

820 Siehe Statuten der israelitischen Kranken- und Beerdigungs-Anstalt in Hechingen. Hechingen 1872.
Lagerort: HHBH, R.2I.

821 Hechingen, 15. Februar 1893. Lagerort: HHBH, R.2III.

822 Hechingen, 1906. Lagerort: HHBH, R.2V.

823 Bei diesem religiösen Vonrag war wohl auch - wie beim Gottesdienst - ein sogenannter Minjan, d.h.
die Anwesenheit von zehn religiös volljährigen Personen, erforderlich.

118


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0122