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Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

2. Vereine851

Gesellschaft des religiösen Vereins

Vom 20. Mai 1835 liegen Statuten der Gesellschaft des religiösen Vereins vor852. Dort heißt
es, daß sich aus freyem Antriebe eine Gesellschaft gebildet habe, um den gesellschaftlichen
bürgerlichen Zeitanforderungen nachzukommen, und um die Ideen, eine sittliche rein religiöse
Bildung zu erzwecken, im Leben zu verwirklichen. In der Hauptsache kam man zusammen, um
Predigten zu hören. Sie fanden wöchentlich statt und begannen um 1 Vi Uhr, wo sodann um diese
Zeit die Thüre zu schließen ist. Um von der Predigt nicht ausgeschlossen zu werden, hatte man
sich wenigstens fünf Minuten vorher einzufinden. Der Prediger erhielt jährlich 33 fl. Die
Gesellschaft wurde von einem Direktor, einem Rendant und einem Kassier verwaltet. Im Jahre
1835 war Wolf Raphael Direktor.

In einem Schreiben vom 9. Juni 1835 an die Regierung machten Wolf Raphael, Salomon B.
Dreyfus und Wolf J. Wolf die Mitteilung, daß eine Gesellschaft von jungen Männern
zusammengetretten, um allwöchentlich des Sabbaths in deutschen Vorträgen Beachtungen und
Ansichten über Religion und Moral den Zeitverhältnissen und Zeitanforderungen entsprechend
durch den Cand. Theol. Reichenberger zu vernehmen853.

In der 21. ordentlichen Sitzung der Landesdeputation am 1. Februar 1836 wird bei der
Behandlung einer Petition der Judenschaft um Feststellung ihrer bürgerlichen Verhältnisse ein
Fortbildungsverein erwähnt: Die hiesigen Juden haben, soviel man weiß, seit Menschengedenken
in kirchlich-religiöser Beziehung keine Fortschritte gemacht, wenn man hierher nicht den
Fortbildungsverein zählen will, welchen einige edle Israeliten vor kurzer Zeit dahier gestiftet,
der aber, wie man vernimmt, sein Glück nicht sonderlich machen, sondern von der Parteiwuth
der sogenannten Rechtsgläubigen erdrückt werden so//854. Bei dem hier als Fortbildungsverein
bezeichneten Zusammenschluß handelte es sich um die Gesellschaft des religiösen Vereins.

Im Jahre 1938 bestanden in Hechingen - außer den in Abschnitt 1. Bruderschaften
angeführten Vereinen Chefra Kadischa und Israelitischer Frauenverein - noch folgende
jüdische Vereine855, die alle nicht rechtsfähig waren, kein Kapital856 und keine Statuten hatten:
Jüdischer Centraiverein (Ortsverband Hechingen), Reichsbund jüdischer Frontsoldaten (Ortsverband
Hechingen) und Hilfsverein der Juden in Deutschland (Ortsverband Hechingen). Am
21.9.1938 meldete der Hechinger Bürgermeister an den Landrat: Die jüdischen Vereinsvorstände
der 6 jüdischen Organisationen wurden auf die Anordnung hingewiesen, dass die Bezeichnung
'Ortsgruppe nicht mehr geführt werden dürfe. Die Bezeichnung »Ortsverband' ist bei
allen jüdischen Organisationen bereits eingeführt^1. Am 30. Juni 1939 schrieb der Bürgermeister
vier Hechinger Vereine (1. Verein jüdischer Frontsoldaten, z. Hd. v. Edm. Israel Eppstein,
2. Jüdisches Lehrhaus Stuttgart, z. Hd. v. Alfred Israel Löwenthal, 3. Chewra Kadischa, z. Hd.
v. Isidor Weil, 4. Hilfsverein der Juden in Deutschland, z. Hd. v. Leon Israel Schmalzbach) an:

851 Diesem Abschnitt liegt die Veröffentlichung von Otto Werner, Jüdische Bruderschaften und
Vereine in Hechingen, in: HH 1. 1982, S. 11-15 und 2. 1982, S. 20-22, zugrunde. Vereine ohne religiösen
Zweck werden im folgenden nicht beschrieben. Einarbeitungen beziehen sich vor allem auf die Zeit nach
1933. In dieser Zeit bestehende Vereine werden vollständig aufgeführt.

852 Lagerort: StAS Ho 6 Zettelrepertorium Akten Nr. 305.

853 Ebd.

854 Verhandlungen des ersten Landtags zu Hohenzollern-Hechingen im Jahr 1835-36. Hechingen,
S. 174f. Lagerort: HHBH, G.316.

855 Vgl. das Schreiben der Israelitischen Gemeinde Hechingen an das Stadtbürgermeisteramt Hechingen
vom 7. Juli 1938 betr. jüdische Vereine und Stiftungen. Lagerort: SAH, API. 5422, Rechtsverhältnisse der
Israelitischen Gemeinde.

856 Es wurden nur Mitgliedsbeiträge erhoben und restlos an den jeweiligen Hauptverein abgeführt.

857 Lagerort des Schreibens: SAH, API. 6002, Geheime Staatspolizei, Berichte.

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