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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0137
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

Privatunterricht für jüdische Kinder

Der ehemalige Lehrer und Hechinger Kultusbeamte Karl Hamburger berichtet: In die
Städtische Volksschule konnte ja schon lange mehr kein jüdisches Kind gehen. Sie waren eine
Zeitlang ohne jeglichen Unterricht. Meine Tochter Hanni ging bis zu dem Tage (27. Juni 1939),
als sie mit einem Kindertransport nach London kam, in die jüdische Volksschule nach
Haigerloch, die von Herrn Lehrer Spier geleitet wurde. Die Kinder in Hechingen wurden eine
Zeit lang von mir unterrichtet, bis dann Rabbinatsverweser Schmalzbach, dessen Auswanderung
sich zerschlagen hatte, wieder den Unterricht übernahmm.

c) Sabbatschule

Zur religiösen Weiterbildung der schulentlassenen Jugend (Catechisation) bestand in der
ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts eine israelitische Sabbath-Schule*90.

XII. VERHÄLTNIS DER RELIGIONEN ZUEINANDER

Rabbiner Dr. Mayer leitet seine Geschichte der Israeliten in Hohenzollern-Hechingen mit
dem geflügelten Won »Dulden ist das Erbtheil unseres Stammes. Shakespeare's Shylock« und
mit folgenden allgemeinen Sätzen ein: »Die Frage, warum in Deutschland verhältnißmäßig
mehr Bekenner des israelitischen Glaubens als in vielen andern Ländern, namentlich den
romanischen, ansäßig sind, läßt sich durch die kirchliche und politische Verfassung des
deutschen Reiches beantworten. Die Reformation oder überhaupt die religiöse Gährung, die
seit den Kreuzzügen in Deutschland geherrscht, hatte für die Ruhe der Israeliten die
wohlthätigsten Folgen, denn während z.B. in Spanien, Frankreich und andern Staaten nur die
römisch-katholische Kirche herrschend war, welche die Israeliten mit ihrer ungetheilten Macht
zu unterdrücken oder zu vernichten suchte, wurden sie dagegen in Deutschland bei dem Streite
der Kirchenparteien entweder vergessen oder halb in Frieden geduldet, der ihnen selten in den
Zeiten des Völkerfriedens gegönnt wurde. Die Reformation war daher für die Erhaltung des
israelitischen Volkes von wesentlicher Bedeutung, denn duobus lignantibus, tertius gaudet, gilt
auch für eine ganze Glaubens-Partei«891.

Judentaufen

Am 27. Dezember 1750 verzeichnet das Hechinger Taufbuch die Taufe eines Juden, der den
Namen des Fürsten, Joseph Wilhelm, bekam. Bei dieser Taufe hatte Fürst Joseph Wilhelm von
Hohenzollern-Hechingen (1750-1798) die Patenschaft übernommen892.

Am 12. Oktober 1783 weihte Fürstbischof Maximilian Christoph von Rodt (Konstanz) in
einem Festakt die neuerbaute Stiftskirche in Hechingen ein. Zwei Tage später spendete er dem
siebzehnjährigen Judenmädchen Rachel Wassermann morgens vor dem feierlichen Gottesdienst
das Sakrament der Taufe. Bei diesem Ereignis sind mehrere Punkte bemerkenswert: Es
war die erste Taufe überhaupt, die in der klassizistischen Stiftskirche erteilt wurde; der Bischof
selbst nahm die Handlung vor; Taufzeugen waren Fürst Joseph Wilhelm von Hohenzollern und
Antonia, regierende Fürstin von Fürstenberg. Rachel Wassermann war seit dem 2.Juli
Katechumene. Bei der Taufe erhielt sie den Namen Maximiiiana Josepha Antonia. Nach der

889 Handschriftliche Niederschrift von Carl Hamburger vom 5. April 1943, 9 Seiten. Lagerort: CAHJP,
Inv. Nr. 1014/9.

890 Siehe Kapitel X. Kult und rituelle Formen, Abschnitt 5. Religiöse Unterweisung unter: Katechisation.

891 M, Spalte 455.

892 Vgl. ChH III, S. 158.

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