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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0142
Manuel Werner

Religionsgrundsätze, »wenigstens die Grundsätze des Talmuds«, hätten darauf Einfluß.
Besagter Talmud gebe gerne zu, »daß die Kinder Abrahams etwas besseres sind, als die übrigen
gewöhnlichen Menschen«. Außerdem ahnde er »ein Vergehen gegen die Goiim weniger streng,
als gegen die Mitisraeliten« und halte mehr von der »Reinigung der Haut als des Herzens«923.
Zwar ist dies in die Form der rhetorischen Frage gekleidet, doch sind deutlich Vorbehalte
herauszuhören. Es folgen Bedingungen dafür, daß man sich für die Emanzipation einsetze:
»Wenn der Staat, beziehungsweise die Christen, etwas für die Juden thun sollen, so sollen sie
auch etwas für uns thun; sie sollen wenigstens den elendesten Quark von ihrem pharisäischen
Sauerteige wegwerfen, sie sollen der Stimme der Gebildeten aus ihrer Mitte Gehör geben, und
auch ein wenig Vernunft annehmen; sie sollen sich aus der Wüste der Kabbala924, und aus der
Sündfluth ihrer 10000 Gebote und 11000 Verbote erheben zu dem einen: >liebe Gott über Alles
und deinen Nächsten wie dich<.« Als Ratschlag wird gegeben: »Sie dürfen dies um so mehr thun,
als gewiß noch lange kein Messias erscheint, der das Reich Israels wieder herstellen wird, um so
mehr, als sie doch vermuthlich bei den Christen leben und sterben müssen. Ihre Brüder in
andere Staaten scheinen dies einzusehen, verlassen die Purim und Tunnia allmählig, und
schreiten vorwärts, sie schließen sich mehr an die Christen an«925.

Die Beratung kam zu dem Ergebnis, »das oft genannte Bittgesuch der hiesigen israelitischen
Gemeinde« unter dem Grundsatz, »daß die staatsbürgerlichen Verhältnisse der Juden anders
gestaltet, wo möglich besser« und »in Folge dessen aber der Schacherhandel gänzlich ausgetilgt
werde«,... »und mit der weitern Bemerkung in die Hände der Regierung zu übergeben, daß die
Landesdeputation Vorschlägen entgegensehe, wie dieser Zweck erreicht werden könne«926.

Auch noch im Jahre 1842 wiesen die Abgeordneten der Landesdeputation einen Gsetzesent-
wurf der fürstlichen Regierung zur teilweisen Emanzipation der Juden zurück. Allerdings
wurden gewisse Zugeständnisse gemacht927. Durch die Landesverfassung vom 16. Mai 1848
wurde den Juden das aktive und passive Wahlrecht für die Landesdeputation zugebilligt. Erst
die Einführung der preußischen Verfassung im Jahre 1850 machte dem alten Rechtszustand ein
Ende. Die Schutzgelder wurden aufgehoben, der Hofschutz in Staatsschutz verwandelt928.

Über Martin Luther: Rabbiner Samuel Mayer schreibt in seinem Israelitischen
Samstagsblatt (Nr. 12) vom 8.Juli 1837 im Beitrag »Zur Morgenlandskunde« u.a.: »Dr. Martin
Luther lieferte selbst eine treffliche Bibel-Uebersetzung, aber er gab den Rath: >Daß man die
Juden-Schulen oder Synagogen mit Feuer anstecke, und was nicht verbrennen will, mit Erde
beschütte, daß kein Mensch einen Stein oder Schlack davon sehe ewiglich. Und solches soll man
thun unserm Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, daß wir Christen seyn
usw.< Was würde man sagen, wenn man eine solche oder ähnliche Stelle gegen die christlichen
Kirchen im Talmud fände?«

Vermächtnis für Bedürftige beider Religionsgemeinschaften: Simon Höch-
stätter vermachte im Jahre 1839 testamentarisch u.a. 50Gulden für Bedürftige aus der
israelitischen und der christlichen Bevölkerung929.

Spende der Prinzessin Julie: Im November 1839 erhielt Rabbiner Dr. Mayer von der
Prinzessin Julie v. Hohenzollern-Hechingen 50 Gulden zur beliebigen Verwendung im Interesse
der Armen der israelitischen Gemeinde. Der Rabbiner legte diese Summe zur Begründung
eines Lokal-Schulfonds an930.

923 Ebd., S. 174.

924 Jüdische Geheimlehre; Gesamtheit der mystischen Lehren innerhalb des Judentums.

925 Ebd., S. 174.

926 Ebd., S. 177.

927 Vgl. KR, S. 53. Siehe auch Kapitel IX. Das Kultuspersonal, Abschnitt 1. Rabbiner, b) Samuel Mayer
unter: Bemühung um zeitgemäße Einrichtung der staatsbürgerlichen Verhältnisse der Juden.

928 Vgl. C, S.212f. Siehe auch KR, S.54.
. 929 Vgl. ChH III, S.230.

930 Vgl. M, Spalte 568.

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