Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0155
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

ist, der Huth hingegen hat, weil er an mehrern orten zerrissen ist und abgenuzt ist, gar keinen
werth. Der Jud fordert als Schaden Ersatz 6fl. Dahingegen die Mutter Holzapflin dem Juden
keine Entschädigung schuldig zu seyn glaubt, weil der Rock wiederum gut ausgebuzt und der
Huth nicht der nemliche seye, den er vorgewiesen habe. ...985.

Im Israelitischen Samstagsblatt (Nr. 2) vom 29. April 1837 beklagt sich Rabbiner Mayer über
»die K(öniglich) preuß(ische) Verordnung, daß die Juden keine christlichen Vornamen führen
dürfen«. Er schreibt: »Die Kinder meines Volkes kamen zu mir, klagten und weinten. Die
Greise nahten und die Mütter, und banger Schmerz mahlte sich in ihren Zügen. Ich fragte die
Kleinen: was weinet Ihr schon so frühe? Und zu den Alten sprach ich: was klagt Ihr noch so
spät? Die Kinder lallten: ach - wir sollen nicht mehr die hellen, schönen Namen der Christen
tragen, sondern die dunklen und häßlichen der Juden. Wir sollen schon gezeichnet seyn bei den
Spielen. Und die Greise sagten: es leert sich wieder der Köcher des Zornes über uns, und
unseren Kindern droht Elend und Gefahr. Da hab' ich erwidert: ...Tröstet Euch, seyd stille,
und traget mit Stolz die stolzen Namen der Väter. Das sind Heldennamen, ruhmgekrönte
Märtyrernamen, von uraltem Adel, vom uraltem Ritterschlag. Das sind ewige Namen, die
Säulen der Erde, die Freude Gottes und die Hoffnung der Menschen. Als das Abendland noch in
wüster Rohheit versunken war, da blühten schon Eure Namen in unsterblichem Glanz,

weltbeherrschend, welterleuchtend und welterlösend____Denn das will ich Euch sagen: ehe der

Zeiger der Geschichte sich wendet, werden manche prunkende Namen des Abendlandes
weggemäht seyn, wie die Stoppeln durch die scharfen Sicheln; aber so lange die Zeit währt,
werden königlich in ihr throhnen die Namen: Abraham, Moses, Jesaias. Gott hat sie selber zum
Tröste der Menschen und zur Freude der Engel mit leuchtender Sternenschrift an das ewige
Firmament gezeichnet, indes andere Namen von flüchtiger Hand auf flüchtige Blätter gehaucht
sind, die der Wind wegweht und der Sturm zerreißt.«

Nachdem der Jude Isaac Bernheim um 1844 vom Hechinger Fürsten zum Hofflaschner
ernannt wurde und seinen Laden eröffnete, »wurde ihm Alles zusammengeworfen, und er
wanderte dann nach Paris aus«985*.

Im Jahre 1845 wandte sich der jüdische Tuchmachergeselle Jacob Höchstätter, der die
Bedingungen der Meisterschaft erworben hatte, an die Hechinger Zunft um Aufnahme. Er
wurde abgewiesen. Auf seine Beschwerde hin beauftragte das fürstliche Oberzunftamt den
Obmann der Zunft, ihn aufzunehmen. Zunft und Stadtrat wandten sich daraufhin empört an
den Fürsten. Dieser blieb hart. Schließlich kam es zu einem Kompromiß zwischen Stadt, Zunft
und Simon Höchstätter, der auf sein Meisterrecht förmlichen Verzicht leistete. Einige Zeit
später wanderte der »Meister ohne Meisterrecht« ebenfalls aus und ging nach Amerika986.

Am 16. März 1845 beschwerte sich Rabbiner Dr. Mayer bei der Fürstlichen Regierung
wegen der Störung der Sabbathfeyer von Seiten der fürstl. Behörden. Konkret meinte er das
Vorladen von Juden vor die Bezirksämter (fürstliches Oberamt und fürstliches Polizeiamt) am
Sabbat und an jüdischen Feiertagen987.

Am 11. März 1848 kam es beim Ausbruch der Revolution zu chaotischen Krawallen.
»Etliche benutzten die Gelegenheit und erpreßten von ihren israelitischen Gläubigern Quittungen
über unbezahlte Schulden, andere tranken und aßen sich in den Wirtshäusern voll, so
namentlich bei dem israelitischen Wirt Marx Haiden am Rain (Wirtschaft zum Reh), und
zertrümmerten die Trinkgläser, ohne zu zahlen«988.

985 Lagerort: SAH, Stadtgerichtsprotokolle (1807-1818), A16.
985a C,S. 221.

986 Vgl. C, S. 221. Siehe auch SAH, Bundnummer 598, Rubrik 5, Verfassung pp. der Juden.

987 Siehe hierzu Kapitel XII. Verhältnis der Religionen zueinander.

988 ChHII, S. 258.

147


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0155