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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0162
Manuel Werner

Demnächst habe ich, nachdem ich mich von dem Umfang der Demolierungen in Hechingen im
Beisein des stellv. Bürgermeisters und in Haigerloch in Anwesenheit des Kommandeurs der
Gendarmerie, des Kreisleiters von Horb, des Ortsgruppenleiters und des stellv. Bürgermeisters
von Haigerloch überzeugt hatte, den Polizeibehörden Weisungen erteilt, daß die zertrümmerten
Läden und Hauseingänge durch Holzverkleidungen zu verschließen sind, um Unbefugten und
Neugierigen den Zutritt zu versperren.

Auf Ersuchen des Kreisleiters von Horb und des hiesigen Ortsgruppenleiters ordnete die
Außendienststelle der Geheimen Staatspolizei folgende weitere Verhaftungen an:

a) in Hechingen

16. Landgerichtsrat i. R. Dr. Moritz Meyer

b) in Haigerloch...

Die Inhaftierten sind in das Amtsgerichtsgefängnis in Hechingen und Haigerloch eingeliefert
worden. Um 19 Uhr erreichte mich der mir durch Kurier übermittelte Geheimerlaß des Chefs
der Ordnungspolizei Sonderbefehlsstab o kdo 1 d 2000, über dessen Inhalt ich weisungsgemäß
die zuständigen Parteidienststellen sowie die Führer der örtlichen Parteiformationen unterrichtet
habe. Um 20.15 Uhr verständigte mich die Außendienststelle der Geheimen Staatspolizei
femmündlich, daß gegen etwa beabsichtigte weitere Demonstrationen polizeilich einzuschreiten
und für die Nacht zum 11.11. verschärfter Streifendienst einzusetzen sei. Ich habe zu diesem
Zweck in Haigerloch 4 und in Hechingen 5 Gendarmeriebeamte herangezogen. Die Nacht zum
11.11. ist ruhig verlaufen. Man hat lediglich das Blockhaus des inhaftierten Landgerichtsrats
i.R. Dr. Meyer, das auf Gemarkung Wessingen abseits gelegen ist, nachträglich noch demoliert.
Ich nehme insoweit Bezug auf den gleichfalls beigefügten Bericht des Bürgermeisters von
Wessingen1011.

Zum selben Vorgang berichtete der Regierungspräsident der Hohenzollerischen Lande
- allerdings erst am 1. Dezember 1938 - dem Preußischen Ministerpräsidenten in Berlin: ...Im
Kreise Hechingen haben gegen das Judentum gerichtete Aktionen in der Nacht zum 10.11.1938
stattgefunden, und zwar in den Städten Hechingen und Haigerloch. Die Demonstrationen
setzten hier schlagartig gegen 4 Uhr früh ein. In der Kreisstadt Hechingen wurden Fenster und
Türen der Synagoge sowie die Inneneinrichtung zerstört, femer an 2jüdischen Wohn- bzw.
Geschäftshäusern Fenster und Fensterläden beschädigt. Brandlegungen haben nicht stattgefunden
. Zwischenfälle, insbesondere Mißhandlungen von Juden, sind nicht zu verzeichnen.
Insgesamt wurden 8 männliche Juden verhaftet und von der Geheimen Staatspolizei in das
Konzentrationslager Dachau überführt. In Hechingen sind 3 größere jüdische Textilfabriken
bereits in arischen Besitz überführt. ... Die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle in Stuttgart
, deren Außendienststelle in Sigmaringen bereits am 10.11.1938 um 4.30 Uhr den Landrat
in Hechingen ersucht hat, 15 Juden zu verhaften, hat mich weder von den Aktionen noch von
den Verhaftungen in Kenntnis gesetzt. Erst auf mein Ersuchen um Bericht an die Staatspolizeistelle
Stuttgart vom 12.11.1938 hat mir die Außenstelle Sigmaringen am 14.11.1938 dieNamen
der Verhafteten mitgeteilt1012.

1011 Bericht des Landrats von Hechingen an den Regierungspräsidenten in Sigmaringen vom 11. November
1938 - Pol. 1101.4 - betr. Aktionen gegen das Judentum in der Nacht zum 10. November 1938.
Lagerort: StAS Ho 235 I—VIII Nr. 338. Zitiert nach Paul Sauer, Dokumente über die Verfolgung der
jüdischen Bürger in Baden-Württemberg durch das Nationalsozialistische Regime 1933-1945. Stuttgart
1966, Bd. 2, S. 18 ff. - Der unter a) 2. aufgeführte Handelsvertreter heißt Ernst Grumbacher.

1012 Bericht des Regierungspräsidenten der Hohenzollerischen Lande an den Preußischen Ministerpräsidenten
in Berlin vom 1. Dezember 1938, Nr. P. 59, betr. Bericht über die Ereignisse, die sich im hiesigen
Bezirk in Verbindung mit den gegen die Juden gerichteten Maßnahmen abgespielt haben. Vermerk:
Schnellbrief! Geheim! Lageron: StAS Ho 235 I—VIII Nr. 338. Zitiert nach Paul Sauer, Dokumente über
die Verfolgung der jüdischen Bürger in Baden-Württemberg durch das Nationalsozialistische Regime
1933-1945. Stuttgart 1966, Nr. 298 b.

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