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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0165
Die Juden in Hechingen als religiöse Gemeinde

M. A. Levy; Bankgeschäft Siegmund Weil (Commandite); Textilwarengroßhandlung Gebr.
Bing, Inhaber Jacobi; Lebensmittelgeschäft Loewenthal; Lebensmittelgeschäft Eppstein;
Lebensmittelgeschäft Bernheim; Textilgeschäft Hofheimer; Textilgeschäft Walther; Tabakgroßhandlung
Hermann Weil; Schuhwarengroßhandlung J. Weil. Von 1937 an wurden sie alle
unter Druck veräußert1016, nach der Reichskristallnacht enteignet (»arisiert«) oder aufgelöst.
Die Warenlager jüdischer Firmen mußten zu Schleuderpreisen verkauft werden. Die jüdischen
Familien lebten nun in der Hauptsache von irgendwelchen Kapitalien, die ihnen zur Verfügung
standen, oder von Erlösen aus Veräußerungen von Gebrauchs- und Wertgegenständen . Sie
bestritten ihren Lebensunterhalt mit ihren Ersparnissen und verarmten immer mehr1018.

Ein Artikel der Hohenzollerischen Blätter vom 7. Dezember 1938 hat die sogenannte
Entjudung zum Thema:

»Die Entjudung in Hechingen.

Die Frage der Ausscheidung der Juden aus dem Wirtschaftsleben, die in Hechingen bei den
Industriebetrieben schon vor längerer Zeit gelöst wurde, erfaßt nun auch die vier bisher
jüdischen Einzelshandelsgeschäfte. Grundsätzlich sind die jüdischen Betriebe dieser Art, die
bekanntlich ab 1. Januar den Laden schließen müssen, zu liquidieren. Ausnahmen sind nur
vorgesehen, wenn ein berechtigtes wirtschaftliches Bedürfnis für die Weiterführung eines
solchen Betriebes besteht. Ein solch allgemeines Interesse besteht in Hechingen zweifelsohne
bei dem bisher jüdischen Konfektionshaus in der Hohenbergerstraße1018a, da gerade im
Konfektionsgewerbe keine ausreichenden Einkaufsmöglichkeiten in Hechingen bestehen. Es
ist daher mit einer Arisierung dieses Geschäftes zu rechnen. Die übrigen jüdischen Einzelshandelsgeschäfte
werden verschwinden. Für die in Hechingen noch bestehenden beiden jüdischen
Großhandelsgeschäfte und den jüdischen Haus- und Grundbesitz sind Anordnungen zu
erwarten. ...Aus den gemeindlichen Nutzungen sind die Juden durch eine dieser Tage
erschienene Verordnung des Reichsministers des Innern ausgewiesen worden. Danach kann der
Bürgermeister mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Nutzungsberechtigte, die nicht
Gemeindebürger sind, ohne Entschädigung von dem Nutzungsrecht ausschließen und zwar mit
rückwirkender Kraft. In Hechingen ist die Ausweisung der Juden aufgrund ihrer Eigenschaft als
Nichtbürger jedoch schon Vorjahren durch den Bürgermeister nach dem Erlaß des Reichsbürgergesetzes
erfolgt. Zwei Hechinger Juden hatten damals noch die Unverschämtheit besessen,
gegen die Maßnahme des Bürgermeisters auf dem Verwaltungsgerichtswege vorzugehen. Die
Fortführung des seither schwebenden und bis zur höchsten Instanz gelangten Verfahrens wird
sich jetzt erübrigen. In absehbarer Zeit wird auch in Hechingen die Judenfrage der Vergangenheit
angehören.«

Aus diesem letzten Satz spricht unverhohlene Drohung. Als der Bürgermeister die
betreffenden allmandberechtigten Juden durch Verfügung vom 31. Juli 1936 mit sofortiger
Wirkung ohne Entschädigung vom Allmandnutzungsrecht ausschloß, traf dies einige schwer.
Bei den beiden Hechinger Juden, die Berufung und anschließend Revision beim Preußischen
Oberlandesgericht in Berlin eingelegt hatten, als ihre Einsprüche durch das Urteil des
Kreisverwaltungsgerichts vom 3. Februar 1937 kostenpflichtig abgewiesen worden waren,
handelte es sich um den Landgerichtsrat a.D. Dr. Moritz Meyer und den Kaufmann Isidor
Weil.

1016 Vgl. die Abschrift eines Fragebogens zur Geschichte der Hechinger Juden. Lageron: SAH.

1017 Vgl. ebd.

1018 Vor der Auswanderung mußten sie ihren Besitz weit unter dem tatsächlichen Wert verkaufen.
1018a Gemeint ist das Konfektionsgeschäft Hofheimer in der Hohenbergerstraße (früher Synagogenstraße
).

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