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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0176
Manuel Werner

hätten, tot seien, dürfe das Gericht die nur am Rande beteiligten noch lebenden Angeklagten
nicht exemplarisch bestrafen.

Das Urteil: Am darauffolgenden Freitag (3. Dezember 1948) wurde vom Gerichtsvorsitzenden
, Landgerichtsrat Andrischok, das Urteil verkündet: Schuhmacher erhielt 1 Jahr und
3 Monate Gefängnis, Albert Marion 5 Monate, Willi Weiß 3 Monate, Paul Richter 2 Monate,
Friedrich Erhart 3 Monate.

Prozeß wegen der Judendeportation1043

Am 28. Juni erging die erste Entscheidung eines deutschen Gerichts in der französischen
Zone Württemberg-Hohenzollern aufgrund des Kontrollratsgesetzes Nr. 10, und zwar durch
die Strafkammer des Landgerichts Hechingen. Angeklagt waren der frühere Landrat Paul
Schraermeyer, der Amtsarzt Dr. Hesser, die zwei Kreisfürsorgerinnen Hodler und Kleinmann
sowie Frau Baier aus Haigerloch. Verhandlungsgegenstand waren die von der Gestapo
durchgeführten Deportationen von Juden aus Hechingen und Haigerloch in den Jahren 1941
und 1942. In vier Transporten waren 290 Juden »umgesiedelt« worden. Davon waren die Hälfte
Kreiseingsessene, während die anderen vorher von Stuttgart in den Kreis Hechingen überführt
worden waren. Von den Deportierten blieben nur acht am Leben. Der Landrat hatte Befehl zur
Durchführung dieser als Umsiedlung getarnten Aktion gegeben, nachdem er informiert worden
war, daß ein großer Transport württembergischer Juden nach dem Osten deportiert werden
sollte. Er erhielt Anweisung, was die Deportierten mitnehmen durften und was zurückbleiben
mußte. Der Landrat veranlaßte, daß die Juden örtlich zusammengefaßt und daß Wagen zum
Transport nach Stuttgart bestellt wurden. Seinen Anweisungen entsprechend gab er folgende
dienstlichen Aufträge: Der Amtsarzt hatte eine amtsärztliche Untersuchung vorzunehmen,
wenn Zweifel an der Transportfähigkeit bestanden. Die Kreisfürsorgeschwestern hatten das
Gepäck nach Schmuck und Wertsachen zu durchsuchen sowie verbotene Gegenstände bei der
persönlichen Durchführung abzunehmen.

Die Anklage lautete auf Mitwirkung an einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit, auf
Freiheitsberaubung im Amt mit Todesfolge und auf Nötigung bzw. Beihilfe hierzu.

Der Landrat wurde zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis, die Frauen zu Gefängnis
von einem bis zu vier Monaten wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach Artikel II
Ziffer lc und 2b des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 vom 20. Dezember 1945 verurteilt. Der
Amtsarzt wurde freigesprochen, weil seine Gutachten sachlich richtig gewesen seien, und weil
er sich bei ihrer Erstattung von keinerlei rassischen Gesichtspunkten habe leiten lassen. Bei der
Revision vor dem Strafsenat des Oberlandesgerichts Tübingen am 13. Januar 1948 wurden die
beiden Kreisfürsorgeschwestern Hodler und Kleinmann freigesprochen. Das Urteil der
Strafkammer Hechingen gegen Schraermeyer wurde aufgehoben und die Sache zu erneuter
Verhandlung vor das Landgericht Tübingen verwiesen. Die Verhandlung fand am 11. und
12. August 1948 vor der Strafkammer statt. Dieses sprach den ehemaligen Landrat von der
Anklage des Verbrechens gegen die Menschlichkeit frei. In der Begründung wurde ausgeführt,
der Angeklagte habe unter dem Terrordruck des Nazi-Regimes gehandelt und sei besten
Glaubens gewesen, durch sein Beharren im Amt die rassischen, religiösen und politischen
Verfolgungen der Juden und der übrigen Bevölkerung durch die nationalsozialistischen
Machthaber mildern und abwenden zu können, soweit dies überhaupt möglich war.

1043 Zusammengestellt aufgrund von Berichten aus: Schwäbisches Tagblatt bzw. Schwarzwälder Post
vom 1.7.1947, 23.1.1948, 14.8.1948 und 20.11.1948. - Lagerort der Zeitungsausschnitte: HHBH,
R12.28.

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