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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0190
Heinrich Kohring

einbezahlt19. Schmalzbach und Hamburger geben in GL 483 als Name der Madame »Kele«
(Q?LH [? = Ajin]) an. Das ist aber ganz und gar verlesen. Selbst beim heutigen Zustand der
Inschrift ist trotz aller Zerstörung noch zu erkennen, daß »Kele« dort niemals gestanden hat,
ganz abgesehen davon, daß man bei der Zahlenwert-Addition der Buchstaben dann nicht mehr
auf (5)569, sondern nur auf 568 kommt! Außerdem handelt es sich bei »Kele« um einen ganz
anderen Namen, der auch als »Keile (Kaile)« erscheint und sich von »Gela«20 ableitet
(gel = gelb in der Bedeutung »blond«). Ein weiteres Problem schließlich besteht darin zu
klären, warum sich »Madame« in nicht hebräischen Dokumenten mit »Kaulla« unterschrieb
und sich so auch offiziell nennen ließ (und nicht etwa »Kaul«). Eine Vermutung hierzu habe
ich in meiner Fußnote 83 ausgesprochen.

1.3.3. In formeller Hinsicht sei angemerkt, daß bei unserem Epitaph Endreim verwendet
worden ist, und zwar weist der Vierzeiler auf der Vorderseite das Reimschema abab auf
(wobei a-a »männlicher« Reim ist und b-b »weiblicher« Reim); für die Rückseite wurde das
Schema aabb gewählt (aa ist hier das »männliche« Reimpaar, bb das »weibliche«). Vorne ist
der Text darüber hinaus so gestaltet, daß die sich reimenden Wörter jeweils am Zeilenende
erscheinen, bei der Rückseite ist dies nicht der Fall; hier liegt zudem eine fünfte Zeile mit
dem Namen und biographischen Daten vor, die nicht ins Reimschema paßt. Endreim
übrigens ist seit dem Mittelalter in der hebräischen liturgischen Dichtung keine Seltenheit,
kommt jedoch bei Grabinschriften meines Wissens - zumindest in der damaligen Zeit
- äußerst selten vor, und wenn ja, dann mit dem ermüdenden Reimschema aaa..., wie in
Hechingen beispielsweise bei der Inschrift des Kaulla'schen Hausrabbiners Löb Aach
(GL 459).

JAKOB KAULLA

2. Jakob Kaulla, Chailes Bruder, vertrat das Handelshaus Kaulla nach außen und unternahm
dabei weite Reisen bis nach Wien, Paris und London21. Am 9. Februar 1800 wurde er
zum Königlichen Württembergischen Hofbankier in Stuttgart ernannt, und am 9. Juli 1801
wird in Wien das Diplom ausgefertigt, mit dem ihn Kaiser Franz II. zum Kaiserlich-
Königlichen Rat ernennt22.

Samuel Mayer erwähnt ihn mit folgenden Worten:

Ihr Bruder und Schwiegersohn Jakob Kulla (sie!) war ein frommer, mit Lob bekannter
Menschenfreund. Er erhielt von verschiedenen Seiten schöne Beweise der Anerkennung
und Auszeichnung. 7) Durch die Güte seines Herzens und durch seinen Einfluß auf den
Fürsten Hermann Friedrich Otto (1798-1810),/Neffen seines Vorgängers, hatte er
das Wohl der Gemeinde befördert23.

19 Mohn, S. 39.

20 Leopold Zunz, Namen der Juden. Eine geschichtliche Untersuchung. Hildesheim 1971, S. 76.

21 »Welchen Anteil an den Unternehmungen Madame, welchen ihr Bruder hatte, läßt sich nicht
bestimmen; jedoch wird ausdrücklich bezeugt, daß Chaile der wirkliche Leiter der Firma gewesen ist;
ihr Bruder war mehr Unterhändler, der die Aufträge ausführte, der in Geschäften immer unterwegs war,
dessen Reisen ihn nach Wien, Paris und London/ führten, der commis voyageur par excellence. Aber
auch Jakob Kaulla war zweifellos ein Finanzier von Format. Beide, Schwester und Bruder, haben am
Stuttgarter Hofe den Ruhm der Familie Kaulla in Süddeutschland begründet; von ihren Leistungen und
ihrem Ruhm zehrten die nachfolgenden Generationen.« Schnee, Madame, S. 88-89. Vgl. auch Schnee,
Hoffinanz, S. 153.

22 Schnee, Hoffinanz, S. 155; SM 507, Fn 7.

23 SM 507-508.

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