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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0196
Heinrich Kohring

Der heilige Sabbat ist das große Zeichen und der Bund, die der Heilige, gelobt sei Er, uns
gegeben, daß wir wissen, daß in sechs Tagen der Ewige den Himmel und/die Erde erschaffen
und alles, was in ihnen, und am siebten Tage feierte; das ist die Grundlage der Religion; und
unsere Weisen s.A. (= seligen Angedenkens) haben gesagt (Ter. Nedar. Ende III): Der
Sabbat wiegt alle Gebote auf. Wer den Sabbat vorschriftsgemäß hält, hat damit gleichsam die
ganze Thora anerkannt; und wer ihn entweiht, ist, als ob er die ganze Thora abgeleugnet
hätte44.

Und an anderer Stelle im Midrasch als Erläuterung des Psalmverses: »...wenn ihr doch
heute auf seine Stimme hören wolltet«, heißt es:

The day - ifye would but hearken to His voice! (Ps 95:7). R. Levi taught: If the children of
Israel kept but one Sabbath as it ought to be kept, they would be redeemed forthwith, for it is
said The day - ifye would but hearken to His voice, the day of which it is written Observe the
Sabbath day, to keep it holy (Deut. 5:12)45.

Das bedeutet: nur ein einziger, vorschriftsmäßig (ke-hilkhato) von allen Juden eingehaltener
Sabbat - und ganz Israel würde auf der Stelle erlöst! Der Angelpunkt der obigen Exegese besteht
darin, daß im Hebräischen »heute« ausgedrückt wird durch ha-jom, was ganz wörtlich »der Tag
(the day)« heißt.

Erellim weinten bei seinem Tod: der Erklärung bedürftig ist ferner der Terminus Erellim.
Dabei handelt es sich um eine Klasse von Engeln, und zwar stellen sie in den verschiedenen
Engelhierarchien die unterste Kategorie dar; weiter oben auf der Stufenleiter sind z.B. die auch
bei Christen wohlbekannten Cherubim und Seraphim angesiedelt. Zum ersten Mal werden die
Erellim in der Bibel erwähnt - als hapax legomenon in Jes 33,7. Die Stelle ist eine alte crux
interpretum, da der hebräische Textus receptus ein unverständliches Erellam bietet, was der
revidierte Luthertext mit »die Leute von Ariel« wiedergibt. Die jüdischen Exegeten freilich
lasen Erellim (Pluralform zu einem inexistenten Eret) und deuteten es als »(eine Art) Engel«46.
Der ganze Vers ist dann nach jüdischer Auffassung so zu verstehen: »Siehe, Erellim schreien
draußen, Engel des Friedens weinen bitter«, und zwar, wie der weitere Zusammenhang lehrt,
über die Verwüstung, die über Israel hereingebrochen ist. Und gerade das ist für uns der
springende Punkt: ausgehend von diesem Jesaja-Vers hat sich im jüdischen Denken die
Vorstellung entwickelt, daß Erellim bei einem Unglück, das über das jüdische Volk kommt,
bitter wehklagen. Dies kommt unmißverständlich im Midrasch zu Gn22,10: »und es streckte
Abraham seine Hand aus und faßte das Messer, um seinen Sohn zu Schächten« (meine
Übersetzung) zum Ausdruck; es heißt dort wörtlich:

Zur Stunde, da unser Vater Abraham seine Hand ausstreckte, um das Messer zu fassen, um
damit seinen Sohn zu Schächten, da weinten die Dienstengel; das ist es, was geschrieben

44 KSA I, 403-404 (= §72,1).

45 William G. Braude, The Midrash on Psalms. Translated from the Hebrew and Aramaic, II, New
Häven 1959, S. 137, oder MidrTeh 95,2 auf hebräisch. Der Midrasch ist eine aus den ersten nachchristlichen
Jahrhunderten stammende Homiliensammlung volkstümlicher Art zur hebräischen Bibel. Die in unserem
Midrasch-Text erwähnte Aussage hinsichtlich des einen Sabbat finden wir auch im Talmud (jTaan 64a), und
im Hinblick auf zwei Sabbate, die, sofern vorschriftsmäßig eingehalten, die Erlösung für Israel unverzüglich
bringen würden, findet sich eine Bemerkung in bSchab 118b; s. A. Cohn, Everyman's Talmud, New York
1975, S.352.

46 Im Wörterbuch von Gesenius liest man unter dem Eintrag Ar'ällam u.a.:»... unsicheres Wort... Man
wird deshalb kaum darin ein coli, mit dem Suffix [-am] suchen dürfen, sondern ['är'ällim] als pl zu lesen
haben (parall. [mal'akim])... Die Juden erklärten es nach dem Parallelismus durch Boten u. dachten an die
Engel,...«. Der Variantenapparat von BHK (und ähnlich BHS) gibt zur Stelle an: crrp; lfrtc7 MSS
[-lim] = corruptum; legendum fortasse cum Septem manuscriptis [-lim] (»verderbte Lesung, vielleicht mit
sieben Handschriften als [-lim] zu lesen«).

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