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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0201
Die Inschriften der Kaulla-Grabdenkmäler

(Vers 17) den Abraham zum Segen erwähnt (Vers 18), um wieviel mehr ist dann der Mensch zu
einer solchen Handlungsweise verpflichtet!

K.K. (= Kaiserlich-Königlicher) Österreichischer Rath und Königl. Württembergischer
Hofbankier sind, wie gesagt, Titel, die Jakob von der christlichen Staatsgewalt verliehen wurden
und die ihn über die Masse seiner Glaubensgenossen an Macht und Einfluß weit herausheben
- kein Wunder, daß sie auf seinem Epitaph nicht fehlen. Sie sind auch in deutsch belassen61; über
dem Buchstaben Älef von Österreichischer (Rath) sind sogar zwei Strichlein eingemeißelt, um
den im Hebräischen unbekannten Umlaut - nach deutscher Art - zu bezeichnen! Hätte man die
Titel nicht übersetzen können? Gewiß, aber in der deutschen Form wirken sie sicherlich
authentischer.

Jakob zog seines Weges heißt es im 1. Buch Mose (32,2), nachdem sich der Erzvater Jakob
von seinem Schwager Laban getrennt hatte, wonach er auf die Engel des Herrn und schließlich
auf seinen Bruder Esau stößt. Es ist ein in der jüdischen Sepulchralepigraphik häufig zu
beobachtender Brauch, das Andenken eines Verstorbenen dadurch zu ehren, daß man auf
seinen Grabstein einen Bibelvers setzt, in dem sein Vorname enthalten ist. Bei Jakob bot sich der
obige Vers geradezu an, da man ihn zusammen mit dem darauffolgenden Halbvers der Inschrift
als schöne Metapher für sein Dahinscheiden verwenden konnte. Auf dem Hechinger Judenfriedhof
finden wir weitere Beispiele für dieses Verfahren: von einem Abraham Levi (GL 711;
gest. 1882) wird gesagt, daß er »in einem guten Alter, als er alt und lebenssatt war« (Gn25,8)
gestorben sei - und bei einem Alter von nahezu 91 Jahren ist das wohl auch ganz wörtlich zu
nehmen! Die Inschrift einer Frau mit Namen Esther (GL 643; gest. 1780) beginnt mit den
Worten: >»Als nun für Esther ... die Zeit herankam«, diese Welt zu verlassen< - nach Est 2,15;
und ein Binjamin ben Avraham (GL 735; gest. 1777) »ist ein reißender Wolf« nach dem
Jakobssegen über Benjamin (Gn49,27). Nicht auszuschließen ist ferner, daß der Verfasser
unseres Epitaphs auf den Vers »Jakob zog seines Weges« auch deswegen verfallen ist, weil dieser
Vers das Kernstück eines bekannten Gebets ist, das man für den Verstorbenen unmittelbar nach
der Beisetzung - folgend auf das Kaddisch der Trauernden - am Grab spricht:

Möge es Dein Wille sein, Ewiger, Gott der Seelen, daß Du die Seele des (der) xy in Liebe und
Zartheit aufnimmst, und Du mögest ihm (ihr) Deine guten Engel schicken, die seine (ihre)
Seele in den Garten Eden führen, so wie Du Jakob, unserem Vater, Engel geschickt hast, wie
geschrieben steht: >Und Jakob zog seines Weges, und es trafen auf ihn Engel Gottes, und
Jakob sprach, als er sie sah: Das ist das Lager Gottes, und er nannte jenen Ort Machanäjim
(= Doppellager) ... (meine Ubersetzung)62.

Den Weg aller Welt - »Ich gehe hin den Weg aller Welt. So sei getrost und sei ein Mann«
(1R2,2). Mit eben diesen Worten bereitet König David seinen Sohn Salomo auf sein
herannahendes Ende vor.

Das jüdische Sterbedatum, der 20. Ijjar 570 nach kleiner Zählung (5570 nach großer
Zählung = LLPhrat Gadol) ist umgerechnet: Donnerstag, der 24. Mai 1810. Das stimmt nicht
mit dem auf der Vorderseite angegebenen bürgerlichen Datum (18. Mai 1810) überein! Ich
vermute, daß das christliche Datum wie auch der darüberstehende Name in lateinischen
Buchstaben ein späterer Zusatz ist, und der Fehler hat sich bei der (falschen) Umrechnung des
vorgegebenen hebräischen Datums eingeschlichen63.

61 Um darauf hinzuweisen, sind in meiner Ubersetzung diese Ausdrücke kursiv gedruckt.

62 S. Baer (Hrsg.), Däräkh le-chajjim. Friedhofgebete. Gebete bei der Beerdigung und beim Besuch der
Gräber. Mit deutscher Übersetzung von Dr. S.Baer, Basel 1968, S.8.

63 Datierungsfehler kommen nicht selten allein wegen der großen Ähnlichkeit mancher Buchstaben beim
Originaldatum dergestalt vor, daß der angegebene Wochentag nicht mit dem Monatsdatum übereinstimmt,
also z.B. »Montag, der 3.Tischri«, obwohl im betreffenden Jahr der 3.Tischri ein Dienstag war. Ich bin
gleichwohl der Ansicht, daß man den Namens- und Datumsangaben der hebräischen Inschriften grosso

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