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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0239
Funde aus der Hechinger »Genisa«

wird das lange Ende gegen den Uhrzeigersinn siebenmal um den Unterarm gewickelt, es werden
drei »Ringe« um den Mittelfinger der linken Hand gelegt, dann wird der Rest des Riemens so
um den Handteller geschlungen, daß auf dessen Oberseite der Buchstabe Scbin zustande
kommt. Auch hier erhält man schließlich das Wort Schaddaj. Im übrigen wird so verfahren, daß
man die Kopftefillin erst dann aufsetzt, wenn man die sieben Umwindungen der Handtefillin
um den Unterarm vollendet hat; nach erfolgtem Aufsetzen der Kopftefillin wickelt man die
Handtefillin dann zu Ende.

Angelegt werden Gebetsriemen von religionsmündigen (männlichen) Juden (die Religionsmündigkeit
tritt mit der sog. »Bar-Mizwa« im Alter von 13 Jahren ein) beim Morgengebet am
Alltag, d. h. Sabbate und Feiertage sind vom Tefillinlegen ausgenommen.

Die halachische Begründung für die Tefillin ist gegeben durch 5. BM 6, 8: »Und du sollst sie
(sc. diese Worte) binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen
zwischen deinen Augen sein«. Man sieht, daß diese wahrscheinlich ursprünglich nur bildlich
gemeinte Vorschrift ganz wörtlich genommen wird.

1.3. Bei der Durchforstung unseres Materials kamen des weiteren drei ungefähr gleich
große Stofftäschchen zum Vorschein, die - trotz ihrer geringen Abmessungen - aller Wahrscheinlichkeit
nach Beutel zur Aufbewahrung von Gebetsriemen gewesen sind. In der
Freudentaler Genisa fanden wir nämlich eine riesige Menge solcher Täschchen, und in einigen
davon steckten noch aufgewickelte Tefillin! Einer unserer übrigens sehr hübschen Hechinger
Beutel, der noch erstaunlich gut, wenn auch ein wenig mürbe, erhalten ist, sei kurz beschrieben:
er mißt 11 X 12 cm (Breite X Höhe), besteht außen aus grober, mit einem Blumenmuster
bedruckter Baumwolle; das Innenfutter ist aus Seidenjacquard (ein erst 1795 erfundenes
Webverfahren), und die Öffnung am oberen Ende ist mit einem Seidenripsband gesäumt; das
Täschchen ist von Hand mit einem ungewöhnlich dicken Wollfaden zusammengenäht (s. Foto
Nr. 2). Reste einer Trageschlaufe sind bei einem zweiten Täschchen noch zu erkennen.
Verschließbar scheinen unsere Täschchen nicht gewesen zu sein - weder Knöpfe noch Ösen
sind festzustellen.

1.4. Die weißen, aus Leinen bestehenden Stoff-Fetzen, die wir zutage förderten, stammen
höchstwahrscheinlich von einem Gebetsmantel (Fallit, PI. Tallitot)*. Nachzuweisen ist dies
freilich nicht mit Sicherheit, da die an den Seiten eingewebten schwarzen Querstreifen eines
Tallit bei unseren Stoffresten nicht zu sehen sind, und ferner die Fäden (zizit, PI. zizijjot), die an
den vier Ecken eines Gebetstuches angebracht sind und deretwegen man es überhaupt erst
umlegt, ebensowenig vorhanden sind. Immerhin entdeckten wir ein Stück von einer Atara,
einem kunstvoll bestickten Kragen, wie man ihn besonders auf am Sabbat getragene Tallitot
aufnäht. Da an der Authentizität dieser Atara kein Zweifel besteht, erhärtet sich natürlich der
Verdacht, daß es sich bei besagten Stoffresten tatsächlich um Teile von Gebetsmänteln handelt.

Ein Tallit ist ein rechteckiges Stück Tuch aus Wolle, Baumwolle oder Seide (echte oder
Kunstseide). Bei Orthodoxen kann ein Tallit durchaus 1,85 x 1,38 m (Breite X Länge) messen,
so daß man sich ganz darin einhüllen kann, bei Liberalen ist er auf die Größe eines Schals
reduziert. Wichtig jedoch ist in jedem Fall, daß sich an den vier Ecken die halachisch gebotenen
Zizit (für gewöhnlich wird der Singular statt des Plurals zizijjot gebraucht) befinden lt.
4. BM15, 37-41: »Rede mit den Kindern Israel und sprich zu ihnen, daß sie und ihre
Nachkommen sich Quasten machen an den Zipfeln ihrer Kleider...« (Vers38).

An den vier Ecken des Tallit befindet sich jeweils ein durch einen innen aufgenähten,
viereckigen Besatz verstärktes Loch, durch das vier lange, weiße Fäden (die Zizit) hindurchgezogen
werden, so daß es aussieht, als hingen acht Fäden aus dem Loch heraus (vier vorne und
vier hinten); direkt unterhalb des Loches werden die Fäden fünfmal hintereinander verknotet.

8 Vgl. JL IV/2, 1629-1631 (»ZIZIT«) und EJJ 15 : 743-745 (»TALLIT«).

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