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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0255
Funde aus der Hechinger »Genisa«

Und gib in mein Herz Liebe und Furcht vor Dir! Zehn Buchstaben aus diesem Vers sind größer
als die übrigen gedruckt: deren Zahlenwert ergibt addiert (5)513.

Ein anderes Sulzbacher Gebetbuch enthält auf der Titelseite den Zusatz: Cum licentia
Serenissimi Domini Electoris Palatini, qua Ducis Solisbacensis, zu deutsch: »Mit Erlaubnis
Seiner Durchlaucht, des Herrn Kurfürsten von der Pfalz, in Seiner Eigenschaft als Herzog in
Sulzbach«. Hebräische Bücher unterlagen damals noch der Zensur und bekamen erst nach dem
Rotstift des Zensors die landesherrliche Druckerlaubnis. Unser Gebetbuch stammt aus dem
Jahr 1753; seinerzeit regierte in Sulzbach Karl IV. Theodor, dessen kulturelle Initiativen seine
Residenz Mannheim zu einem der führenden Höfe Europas machten. Im Jahre 1777 wurde er
durch Erbgang Kurfürst von Bayern und verlegte seine Residenz nach München; er starb
179914. Der Geburtstag dieses Regenten ist auch in dem weiter unten (vgl. 3.2.) erwähnten
Taschenkalender aufgeführt; unter der Uberschrift »Dezember« lesen wir (in hebräischen
Lettern): 11. [sc. Dez.]: Karl Theodor Pfalz Graf Kuhr/First bei Rhein Herzig (sie!) in Bayern/
62 Jahre«. Sein Geburtstag fiel also auf den 11. Dezember.

Aus Fürth stammt ein Gebetbuch »für alle Tage des Jahres nach dem aschkenasischen und
polnischen Ritus« aus dem Jahre 5540 (= 1779/80). Zu den Aschkenasen gehören alle aus
Deutschland stammenden mittel- und osteuropäischen Juden, deren Vorfahren jüdischdeutsch
sprachen, aus dem sich das sogenannte Jiddische entwickelte - im Gegensatz zu den sogenannten
Sefarden, die aus Spanien stammen und zunächst judenspanisch (= spaniolisch) sprachen
und z.T. noch heute sprechen. Ihre Riten weichen in manchen Punkten voneinander ab. Im
Buchtitel ist hier »aschkenasisch« enger zu fassen: es bedeutet einfach »deutsch«.

Ein seltener Druckort ist Karlsruhe, wo nur etwa 60 Titel mit hebräischen Lettern gedruckt
worden sind. Von dort ist das Titelblatt eines Gebetbuches aus dem Jahr 5513 (= 1752/53)
erhalten. Dazu haben wir noch zwei Titelseiten aus Offenbach. Unser jüngster Siddur ist ein
Sulzbacher Druck von 1837, auf dessen Titelseite die Jahreszahl bereits in arabischen Ziffern
und nach christlicher Zeitrechnung angegeben ist (»1837«) mitsamt dem Druckort »Sulzbach«
in lateinischen Buchstaben sowie ferner das Emblem des Druckers gleichfalls in lateinischen
Lettern: »SA & S« (= Seckl Arnstein und Söhne).

2.2. Neben den Gebetbüchern sind eine größere Anzahl Machsorim (Sg. Machsor) vorhanden
; das sind Gebetbücher für die besonders lange Liturgie der Feiertage wie z.B. den
Versöhnungstag, das Laubhüttenfest usw. Hierher gehört das Titelblatt eines Machsors für den
Versöhnungstag (Jörn Kippur) im Halbfolio-Format, wegen der Größe sicher für den Gebrauch
des Chasan, des Vorbeters, bestimmt, aus Sulzbach vom Jahr 5556 (= 1795/96). Gerade die
Halbfolio-Machsorim aus der Sulzbacher Druckerei erfreuten sich seinerzeit (18. Jh.) in ganz
Süddeutschland größter Beliebtheit15. Ferner war da das Titelblatt eines Machsors für das
Wochenfest (Schawuot) von 5524 (= 1763/64), wie auch Reste einer Pessach-Haggada (mit den
Texten für die häusliche Pessach-Feier, die beiden Seder-Abende), gedruckt in Fürth im Jahr
5526 (= 1765/66) und Reste einer zweiten Haggada, gleichfalls aus Fürth vom Jahr 5557
(= 1796/97). Auf der ersten Seite eines unserer Machsorim fanden wir Anweisungen für den
Vorbeter in jiddischer Sprache mit der Überschrift in hebräisch: Dinej Chasanut (= Regeln für
das Vorbeteramt). Auch ein Blatt aus einer Kina, ein Buch mit Trauergebeten für den 9. Aw, den
Fast- und Trauertag zum Gedenken an die Zerstörung der beiden Tempel, war vertreten. Die
gerade erwähnten Werke sind ebenfalls in hebräischer Sprache verfaßt.

2.3. An Blättern aus Bibeln ist gleichfalls ziemlich viel erhalten. Zumeist handelt es sich
dabei um Pentateuchausgaben mit den Haftarot zu den einzelnen Tora-Abschnitten. Solche
Ausgaben, die zudem oft noch die Sabbatliturgie enthalten, sind natürlich für den Teilnehmer

14 Lt. freundlicher Auskunft von Herrn Prof. Dr. Josef Seubert, PH Reutlingen.

15 Vgl. EJJ 15: 506-507 (»SULZBACH«).

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