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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0258
Frowald Hüttenmeister / Heinrich Kohring

einer jüdischdeutschen Ausgabe zu tun haben, das Ma'aneh Laschon wiederum ist Zitat aus den
Sprüchen Salomos (16,1), wo es heißt: »Der Mensch setzt sich's wohl vor im Herzen; aber vom
HERRN kommt, was die Zunge reden wird« (ma'aneh laschon ~ »was die Zunge reden wird«;
wörtl. »die Entgegnung einer Zunge«).

2.6 Auch von der sogenannten Af«s5<»r-Literatur, der moralisierenden, zumeist sehr
volkstümlichen Literatur, sind vereinzelte Reste aufgefunden worden. Hierher gehören ein
gutes Dutzend Blätter aus dem Buch Schern Ja'aqov (=Jakobs Name), einem kabbalistisch
beeinflußten Werk aus dem Jahr 1716 von Jakob Segal aus Zlatova (aus welchem Jahr unsere
Ausgabe stammt, wissen wir nicht). Dieses seinerzeit sehr einflußreiche Werk tanzt insofern aus
der Reihe, als es nicht auf jüdischdeutsch, sondern auf hebräisch abgefaßt ist. Auf iwri-teitsch
hingegen ist das berühmte Buch Ssimchat ha-näfäsch (= Seelenfreude)17 von Elchanan Hähndel
Kirchhahn verfaßt, dessen erster Teil in Frankfurt/Main 1707 und dessen zweiter in Fürth 1727
erschien, und das später (1798) in einem Band in Sulzbach gedruckt wurde; von diesem Buch
fanden wir auch einige Blätter. Aber auch aus anderen, seinerzeit weit verbreiteten Werken
dieses Genre liegen Bruchstücke in iwri-teitsch vor - so aus dem Schevet Mussar (= Zuchtrute,
ein Opus, das zunächst auf hebräisch erschienen war: editio princeps Konstantinopel 1712),
Qaw ha-jaschar (=Das rechte Maß), Qizzur Ma'avar ha-Jabboq (= Abriß des >Ubergangs
über den Jabbok<, auch genannt Refu 'ot neschama = Seelenarzneien) sowie endlich Chihbut ha-
qäver (= Grabesqual oder »getlich bichl«), eine aus Talmud, Midrasch und anderen Mussar-
Werken kompilierte Ethik.

2.7. Auch die sogenannte Ma'asse-\Äx.er&var (Fabeln und Erzählungen) war mit einigen
Fragmenten vertreten. Von dem damals ungeheuer populären Ma'asse-Buch (s. Foto Nr. 8),
gedruckt 5513 anno mundi (= 1752/53) in Rödelheim (heute ein Stadtteil von Frankfurt/Main),
waren die ersten acht Seiten mitsamt dem dekorativen Titelblatt noch erhalten18. Aus dem Buch
Ma'asse Nissim der schtot Wormeis (= Wundererzählungen aus der Stadt Worms)19 lag ein
Doppelblatt vor. Diese Art »Chronik« aus dem jüdischen Worms ist zusammengestellt worden
von Jiftach Juspa Naftali Hirz (1604-1678), dem Schammes (= Gemeinde- und Synagogendiener
) von Worms, der auch einfach Juspa Schammes genannt wird. Er hat seine Aufzeichnungen
hebräisch kompiliert, unser Doppelblatt stammt jedoch aus der später von dessen Sohn Elieser
Liebermann angefertigten jüdischdeutschen Übertragung. Hochinteressant ist gleichfalls - vor
allem inhaltlich - das hebräisch verfaßte Jossif Ömez (= »Der Kraft vermehrt«)20 des Frankfurter
Rabbiners und Av Bet-Din (= Vorsitzender des jüdischen Gerichtshofes) Josef Juspa Hahn
(1570-1637). Dieses Werk, von welchem uns ebenfalls ein Bruchstück vorliegt, ist eine Chronik
der jüdischen Gemeinde zu Frankfurt am Main sowie eine Beschreibung ihres in manchen
Punkten eigenständigen Ritus (noch heute findet man in Gebetbüchern den Hinweis: In
Frankfurt wird dies nicht gesagt!) verbunden mit ethischen Betrachtungen. Gedruckt ist das
Buch in Frankfurt im Jahre 1723. Sehr schön wegen der plakativen Holzschnitte sind
Doppelseite und zwei Einzelblätter des hochberühmten und weitverbreiteten Meschal ha-
Qadmoni (s. Foto Nr. 9). Diese Tierfabeln wurden in Spanien von Isaak ben Schlomoh ibn Abi
Sahula (1284) auf hebräisch zusammengestellt, damit jüdische Leser nicht mehr auf »weltliche«
Unterhaltungsliteratur wie »Sindbad der Seefahrer« oder »Kaiila und Dimna« zurückgreifen

17 »Dieses Simchas hannefesch, ... das auch in Benhold Auerbach, >Dichter und Kaufmann<... erwähnt
wird, war in der That ehedem ein sehr beliebtes Buch, und verdiente es auch.« (Grünbaum, S. 238).

18 »Insgesamt erlebte das in seiner Popularität nur noch dem >Bovo-Buch< und der »Zenne Urenne«
vergleichbare >Ma'asseh-Buch< zahlreiche Nachdrucke und Neubearbeitungen, die bis in die Gegenwart
reichen.« (Dinse/Liptzin, S. 51).

19 »...konnte während der ersten Hälfte des 18.Jahrhundens über einen Zeitraum von rund fünfzig
Jahren die Beliebtheit des mit ihm konkurrierenden (sie!) Masse-Buches erreichen.« (Dinse, S. 113).

20 Vgl. EJJ 7: 1128-1129 (»FRANKFURT«).

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